Einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber gibt es im Arbeitsrecht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Abfindungszahlungen sind zwar recht verbreitet, um Kündigungsschutzklagen zu vermeiden. Einen allgemeinen Abfindungsanspruch bei einer Kündigung gibt es jedoch nicht.
Fabian Symann ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in München. Er weiß, wann Arbeitnehmer eine Abfindung verlangen können und welche Abfindungshöhe angemessen oder sogar vorgeschrieben ist.
Abfindung für den Arbeitnehmer
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung zahlt, dann meist als Gegenleistung dafür, dass der Arbeitnehmer auf eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht verzichtet bzw. um ein bereits laufendes Kündigungsschutzverfahren einvernehmlich zu beenden.
Der Arbeitgeber kann aber auch durch das Arbeitsgericht zur Zahlung einer Abfindung verurteilt werden: dann, wenn eine Kündigung ungerechtfertigt war und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer unzumutbar ist.
Der Maßstab für die meisten Abfindungen: Wie gut stehen die Chancen des Arbeitnehmers, vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen?
Betriebliche Kündigung mit gleichzeitigem Abfindungsangebot
Im Fall betriebsbedingter Kündigungen ist die Option „Klageverzicht gegen Abfindung“ gesetzlich vorgesehen und festgelegt. Dabei kündigt der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen und bietet gleichzeitig eine Abfindung bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage an.
Es ist Sache des Arbeitgebers, ob er die Abfindung anbietet. Dem Arbeitnehmer steht es frei, sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Die Abfindungshöhe ist in diesem Fall dagegen gesetzlich festgelegt: pro Beschäftigungsjahr ein halbes Brutto-Monatsgehalt bzw. einen halben Brutto-Monatslohn (sogenannte Regelabfindung). Der Betrag kann auch höher als die gesetzlichen Abfindungsregelungen angesetzt sein, aber nicht niedriger liegen. Sie möchten wissen, wie hoch Ihre mögliche Abfindungssumme ist? Nutzen Sie meinen kostenlosen Abfindungsrechner!
Die Regelabfindung ist aus Arbeitgebersicht nur dann sinnvoll, wenn eine Kündigungsschutzklage gute Aussichten hätte. Dann kann jedoch eine Klage dem Arbeitnehmer mehr Vorteile bieten.
Abfindungen als Teil eines Aufhebungsvertrags oder Abwicklungsvertrags
Aufhebungsverträge beenden das Arbeitsverhältnis einvernehmlich statt durch einseitige Kündigung. Dabei enthalten sehr viele Aufhebungsverträge eine Abfindungsklausel. Vorgeschrieben ist die Zahlung einer Abfindung im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung jedoch nicht.
Eine Abfindung kann auch Bestandteil eines Abwicklungsvertrags sein. Bei einem Abwicklungsvertrag einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einer bereits ausgesprochenen Kündigung auf die Details der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses. Zu einer solchen Vereinbarung gehört ebenfalls häufig eine Abfindungszusage.
Ohne vorherige Beratung mit einem Anwalt für Arbeitsrecht sollten Sie keinen Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag unterschreiben: Fachanwalt Symann kann beurteilen, ob die angebotene Abfindung den Rechten, die Sie damit aufgeben, wirklich entspricht.
Welche Abfindungshöhe ist bei Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung angemessen?
In der Regel sind es zwei Gesichtspunkte, die den Rahmen abstecken. Der eine Gesichtspunkt sind die Aussichten vor dem Arbeitsgericht, wenn kein Vertrag zustande kommt und der Arbeitnehmer gegen seine Kündigung klagt. Entscheidende Fragen in diesem Zusammenhang: Gilt Kündigungsschutz im Betrieb und für den Arbeitnehmer? Besteht möglicherweise sogar Sonderkündigungsschutz, wie bei Betriebsratsmitgliedern, Schwangeren, Mitarbeitern in Elternzeit oder wegen einer (Schwer-)Behinderung? Wie angreifbar ist der betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Kündigungsgrund, der ohne Einigung zum Tragen kommt?
In der Praxis spielen neben Aspekten des Kündigungsschutzgesetzes auch weitere Gesichtspunkte eine Rolle: Wie viel ist dem Arbeitgeber eine schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Rechtsstreitigkeit und ohne Unruhe im Betrieb wert? Wie gut verhandelt der Arbeitnehmer und kennt er seine Rechte? Wie wahrscheinlich ist eine Sperre beim Arbeitslosengeld, falls der Arbeitnehmer unterschreibt?
Je nach Verhandlungssituation der Parteien weicht die Höhe vertraglicher Abfindungen oft erheblich von der Regelabfindung ab – nach oben wie nach unten. Fachanwalt Symann hat umfangreiche Erfahrung mit Abfindungsverhandlungen und weiß, welches Ergebnis realistisch ist.
Freiwilliges Abfindungsangebot nach oder parallel zur Kündigung ohne schriftlichen Vertrag?
Der Arbeitgeber kann auch ohne sonstigen Vertrag ein Abfindungsangebot machen, um den Arbeitnehmer von einer Kündigungsschutzklage abzuhalten – entweder gleich bei Aussprache der Kündigung oder später, wenn die Klageabsicht klar wird. Manchmal wird die Zahlung angeboten, ohne dass eine schriftliche Vereinbarung geschlossen werden soll.
Das Risiko für den Arbeitnehmer: Einklagbar ist eine solche Abfindung nur, wenn die Vereinbarung nachweisbar ist, also zum Beispiel schriftlich vorliegt. Wird bei einer mündlichen Vereinbarung nicht gezahlt, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch. Außerdem muss er auch ohne förmlichen Aufhebungsvertrag mit einer ALG-I-Sperre rechnen, kann also nicht direkt Arbeitslosengeld anfordern. Der Arbeitgeber kann sich ebenfalls Probleme einhandeln: Dann, wenn er bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung anbietet, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Abfindungen sollten rechtssicher und schriftlich vereinbart werden. Nur dann haben beide Parteien Sicherheit nach Abschluss des Vertrags.
Die Abfindung als Teil eines Vergleichs oder einer Entscheidung des Arbeitsgerichts
Viele Kündigungsschutzprozesse enden mit einem Vergleich: Wenn die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung nicht wirksam ist, einigt er sich mit dem Arbeitnehmer auf die Zahlung einer Abfindung. Im Gegenzug akzeptiert der Arbeitnehmer die Kündigung zu einem ebenfalls auszuhandelnden Zeitpunkt. Wenn beide Seiten dem Vergleich zustimmen, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die vereinbarte Abfindung und sie muss vom Arbeitgeber gezahlt werden.
Alternativ zum gerichtlichen Vergleich ist auch ein außergerichtlicher Vergleich möglich, der ohne Mitwirkung des Arbeitsgerichts zustande kommt, zum Beispiel direkt nach Zustellung der Kündigungsschutzklage.
Außerdem können Arbeitsrichter auch in einem Urteil feststellen, dass die Kündigung zwar nicht gerechtfertigt war, das Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer jedoch nicht mehr zumutbar ist oder keine sinnvolle Fortführung zu erwarten ist. Deshalb kann das Gericht den Arbeitsvertrag per Urteil beenden und den Arbeitgeber zur Zahlung einer „angemessenen Abfindung“ verurteilen (§§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz). Die Abfindung kann in diesem Fall bis zu zwölf Bruttomonatslöhne oder -gehälter betragen. Für ältere Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit ist sogar ein Betrag in Höhe von bis zu achtzehn Monatsverdiensten möglich.
Diese Abfindungshöhe ist der Maximalbetrag. Je nach Standort des Arbeitsgerichts sind unterschiedliche Abfindungen üblich. Erfahrungsgemäß liegen die Abfindungen des Arbeitsgerichts München wie überall in Bayern tendenziell eher hoch.
Abfindungen als Teil eines Sozialplans
Bei Betriebsstillegungen, Massenentlassungen und anderen „Betriebsänderungen“ sieht das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat im Rahmen des Interessenausgleichs einen Sozialplan aushandeln. In diesen Fällen ist in der Regeln nicht nur ein Arbeitsplatz betroffen, sondern eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen. Gelingt keine Einigung, kann die Einigungsstelle einen Sozialplan beschließen. Sozialpläne und damit auch Abfindungen sind also erzwingbar, wenn eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes vorliegt (§§ 111, 112a BetrVG).
Sozialpläne sehen praktisch immer Abfindungsregelungen als Nachteilsausgleich für die betroffenen Arbeitnehmer vor. Damit haben die Mitarbeiter einen Rechtsanspruch auf eine Abfindung, außer sie lehnen eine zumutbare Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort oder in einer anderen Konzerntochter ab. Gehen Entlassungen über den Sozialplan hinaus, oder versäumt der Arbeitgeber den Interessenausgleich, können Arbeitnehmer ihre Abfindungen direkt einklagen.
Für die individuelle Höhe einer Sozialplanabfindung sind soziale Faktoren wie Alter, unterhaltspflichtige Kinder, die Betriebszugehörigkeit, eine mögliche Schwerbehinderung und die verbleibenden Jahre zum Renteneintrittsalter mit ausschlaggebend. Oft wird als Basisbetrag die Regelabfindung zugrundegelegt und individuell um einen Sozialbetrag aufgestockt. Manchmal wird auch die Gesamtabfindungssumme bestimmt und unter den Mitarbeitern aufgeteilt, wobei ein Punktesystem die soziale Komponente widerspiegelt.
Fachanwalt Symann kann beurteilen, ob Ihre Sozialplanabfindung angemessen ist. Eine Überprüfung lohnt sich.
Kündigung leitender Angestellter gegen Abfindung
In Geschäftsführer-Anstellungsverträgen sowie bei leitenden Angestellten und bei besonders qualifizierten Mitarbeitern finden sich nicht selten Abfindungsklauseln. Sie greifen bei Kündigung des Dienst- oder Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber bzw. die Gesellschaft. Die vorgesehene Abfindungshöhe variiert stark. Schließlich sind solche Verträge ebenso wie Arbeitsverträge mit leitenden Angestellten sehr situationsbezogen und verhandlungsabhängig.
Bei leitenden Angestellten kann der Arbeitgeber die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 9,10 KSchG) fordern, wenn die Fortsetzung nicht mehr zumutbar ist (§§ 9, 14 Abs. KSchG). Dann hat der leitende Angestellte Anspruch auf eine Abfindung, die für diese Gruppe oft etwa ein Monatsgehalt für jedes Jahr der Beschäftigung ausmacht.
Wenn es darum geht, das Arbeitsverhältnis von leitenden Angestellten zu beenden, ist anwaltliche Begleitung für beide Parteien sinnvoll.
TVöD: Anspruch auf Abfindung gemäß Tarifvertrag
Manche Tarifverträge sehen unter bestimmten Voraussetzungen die Zahlung von Abfindungen vor. So regelt zum Beispiel der für den öffentlichen Dienst geltende TVöD, dass Beschäftigte eine Abfindung erhalten, wenn Ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen von Personalabbau gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird. Die Abfindung beträgt pro Beschäftigungsjahr grundsätzlich ein Viertel des Tabellenentgelts.
Wenn Sie von Stellenabbau im öffentlichen Dienst betroffen sind, klärt Rechtsanwalt Symann Sie über Ihre Rechte und Ansprüche auf.
Abfindung: Tipps für Arbeitnehmer
- Es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung. In der Praxis lassen sich im Kündigungsschutzprozess jedoch häufig Abfindungen erreichen.
- Bereits die Drohung, Klage einzureichen, kann zu Verhandlungsbereitschaft auf der Gegenseite führen. Allerdings müssen Sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses schnell reagieren. Nach dem Zugang der Kündigung haben Sie nur drei Wochen Zeit. Nach Ablauf dieser Frist gelten auch unwirksame Kündigungen als wirksam.
- Handeln Sie die Abfindungshöhe nicht ohne Beratung aus und vertrauen Sie nicht auf Berechnungen durch Dritte. Das Risiko ist groß, dass Sie weniger erhalten, als angemessen wäre. Rechtsanwalt Symann kennt die gängigen „Tarife“.
- Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschrieben haben und der Arbeitgeber Ihnen trotz Aufforderung die Abfindung nicht zahlt, können Sie nachträglich von dem Vertrag zurücktreten. In diesem Fall haben Sie grundsätzlich rückwirkend Lohn- oder Gehaltsansprüche.
Abfindungszahlung: Hinweise für Arbeitgeber
- Abfindungsverhandlungen sollten Sie stets als Teil des gesamten Trennungsmanagements sehen. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann Ihnen sagen, welche Kosten und Risiken mit verschiedenen Optionen wie Aufhebungsvertrag, Kündigungsschutzverfahren oder Vergleich verbunden sind.
- Sie müssen von der Abfindung Lohnsteuer abführen. Abfindungen werden als außerordentliche Einkünfte per Fünftelregelung besteuert: Zunächst wird das normale Gehalt rechnerisch der Steuer unterworfen, dann wird ein Fünftel der Abfindung hinzugerechnet. Der fünffache Differenzbetrag entspricht dann der Steuer für die Abfindung.
- Sozialabgaben fallen nicht an. Wird eine Abfindung gezahlt, ist das daher „günstiger“ als ein weiteres Gehalt.
- Die Zahlung einer Abfindung kann in einen Abwicklungsvertrag eingebunden und mit weiteren Regelungen verknüpft werden, die im Interesse des Arbeitgebers liegen.