Arbeitnehmerhaftung

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Haften Arbeitnehmer für die Schäden des Arbeitgebers, den sie durch einen Fehler angerichtet haben? Müssen Sie dem Arbeitgeber vollen Schadenersatz bezahlen? Was, wenn sie gar nicht so viel bezahlen können? Oder bleiben die Kosten komplett beim Arbeitgeber hängen?

Wenn teure Maschinen durch Bedienungsfehler zerstört oder Waren unbrauchbar werden, Geldsummen in falsche Hände geraten, Liefertermine nicht eingehalten werden oder sogar Menschen zu Schaden kommen, geht es bei Haftungsfragen um viel Geld. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt Anwalt Fabian Symann von der Münchner Arbeitsrechtskanzlei Symann die Antworten auf Fragen zur Arbeitnehmerhaftung.

Haftung im Arbeitsrecht: Wann haften Arbeitnehmer?

Wer einen Schaden anrichtet, muss ihn bezahlen? Diesen Grundsatz gibt es im Zivilrecht durchaus. Im Arbeitsrecht gilt er allerdings nur mit Einschränkungen.

Ein Arbeitnehmer, der durch seine Unaufmerksamkeit eine teure Maschine beschädigt, kann für den angerichteten Schaden durchaus zur Verantwortung gezogen werden. Wenn der Fehler aber nicht gerade auf grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz beruht, ist die Haftung des Arbeitnehmers begrenzt.

Die Gefahr, vom Arbeitgeber haftbar gemacht zu werden, ist für Arbeitnehmer also oft geringer, als wenn der Schädiger ein Dritter wäre. Ob und in welchem Ausmaß der Mitarbeiter haftet, hängt von den konkreten Gegebenheiten ab. Ein Arbeitsrichter wird sich die Umstände des Vorfalls sehr genau anschauen. Neben den Ursachen eines möglichen Fehlverhaltens geht es dabei zum Beispiel auch um die Qualifikation und die Hierarchieebene des Mitarbeiters, aber auch um die Präventionsmöglichkeiten des Arbeitgebers.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer durchaus Schadenersatz verlangen, wenn dieser sich einen Fehler mit teuren Folgen zuschulden kommen lässt. Allerdings ist die Arbeitnehmerhaftung in mehrerer Hinsicht eingeschränkt.

Arbeitnehmer in Haftung nehmen? Hinweise für Arbeitgeber

  • Wenn Ihr Mitarbeiter Sie durch Fahrlässigkeit schädigt, können Sie ihn grundsätzlich in Haftung nehmen.
  • Allerdings gilt im Arbeitsrecht keine unbegrenzte Verschuldenshaftung. Auch Ihre Haftung aus dem Betriebsrisiko kann eine Rolle spielen.
  • Die Haftung des Arbeitnehmers hängt in erster Linie vom Grad der Fahrlässigkeit ab, die er an den Tag gelegt hat. Bei mittlerer Fahrlässigkeit läuft es oft auf eine Quotierung des Schadens hinaus.
  • Neben der Fahrlässigkeit spielen auch andere Aspekte eine Rolle, darunter die Qualifikation und die Arbeitserfahrung des Mitarbeiters und die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit.
  • Daneben werden Schadenersatzforderungen an Arbeitnehmer auch durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begrenzt.
  • Außerdem wird in einem Schadenersatzprozess auch gefragt, ob Sie als Arbeitgeber alles Notwendige und Zumutbare zur Prävention von Fehlern getan haben.
  • Wenn der Schaden durch eine Versicherung gedeckt ist, zum Beispiel über eine Haftpflichtversicherung, entfällt die Haftungsbegrenzung.
  • Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer voll. Dafür muss der Vorsatz nachgewiesen werden können.
  • Für Schäden, die nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeit entstehen, gilt die Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung nicht. Wenn Ihr Arbeitnehmer sich privat im Betrieb aufhält und einen Schaden verursacht, haben Sie einen rein zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch gegen ihn.
  • Unabhängig davon, ob ein angemessener Schadenersatz realisierbar ist, erleichtert die gerichtlich festgestellte Arbeitnehmerhaftung eine außerordentliche Kündigung aufgrund des Fehlverhaltens bzw. einer gestörten Vertrauensgrundlage.

Ihr Arbeitgeber fordert Schadenersatz? Tipps für Arbeitnehmer

  • Selbst wenn Ihnen ein Fehler unterlaufen ist: Im Arbeitsrecht wird der Schaden häufig geteilt.
  • Geteilter Schaden bedeutet: Sie müssen nicht den gesamten Schaden übernehmen, der durch den Fehler entstanden ist.
  • Keine Teilung ist möglich, wenn Sie den Schaden mit Vorsatz oder grob fahrlässig angerichtet haben.
  • Für Fehler, die „jedem mal passieren können“, müssen Sie dagegen gar nicht haften.
  • Hat Ihr Arbeitgeber es versäumt, solche Fehler auszuschließen oder den Schaden vorausblickend abzumildern, zum Beispiel durch geeignete Versicherungen, dann trifft ihn vermutlich ein Mitverschulden.
  • Diskutieren und regeln Sie die Schadenersatzfrage nicht direkt mit Ihrem Arbeitgeber. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sorgt dafür, dass sie nicht mehr Schadenersatz bezahlen, als Sie müssen.

Die verschiedenen Stufen von Fahrlässigkeit

Arbeitsgerichte unterscheiden bei Pflichtverletzungen, Versäumnissen und Fehlern von Arbeitnehmern zwischen leichter, mittlerer und schwerer Fahrlässigkeit. Der Grad der Fahrlässigkeit wirkt sich direkt auf die Arbeitnehmerhaftung aus.

  • Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht. Faustregel: Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Satz „Sowas passiert jedem mal.“ Ein typisches Beispiel für leichte Fahrlässigkeit wäre es, wenn der Mitarbeiter seinen Kaffee über den Laptop schüttet und dieser kaputtgeht.
  • Bei mittlerer Fahrlässigkeit teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Haftung (Quote). Für Fälle mittlerer Fahrlässigkeit passt der Satz „Sowas sollte wirklich nicht passieren.“ Ein Fall von mittlerer Fahrlässigkeit wäre es beispielsweise, wenn der Mitarbeiter die falsche Art Getriebeöl in die Maschine füllt und deshalb ein Getriebeschaden entsteht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird sowohl dem Arbeitnehmer wie dem Arbeitgeber einen Anteil am Schaden zugewiesen. Dabei haftet der Arbeitgeber aus dem Betriebsrisiko.Die Quote hängt von den konkreten Umständen ab. Wie groß war das Risiko, dass sich so ein Fehler ereignet? Konnte der Arbeitgeber mit solchen Fehlern rechnen, hätte er etwas zur Prävention tun oder sich versichern können? Wie hat sich der Arbeitnehmer bisher verhalten, gab es schon früher Fehler durch mangelnde Sorgfalt? Wie viel Erfahrung hatte er mit der Aufgabe, bei der die Sache passiert ist? Ein weiterer Aspekt ist die Verhältnismäßigkeit: Welcher Schadenanteil ist dem Arbeitnehmer angesichts seines Einkommens zumutbar?
  • Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich voll. Die passende Umschreibung für schwere Fahrlässigkeit lautet: „So etwas darf einfach nicht passieren.“ Beispiele sind der Mitarbeiter, der am Smartphone spielt, statt auf die Produktionsüberwachung zu achten, oder der Administrator, der die Serverwartung mit 1,5 Promille Blutalkohol angeht. Die Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung auf eine Quote ist bei grober Fahrlässigkeit nur in Einzelfällen möglich, wenn Einkommen, Risiko und Schadenshöhe in einem eklatanten Missverhältnis stehen, und es sich nicht um besonders grobe Fahrlässigkeit handelt.
  • Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer in jedem Fall. Wer es darauf anlegt, Schäden zu verursachen, kann die Haftung nicht dem Arbeitgeber zuschieben.

Im Arbeitsrecht muss der Arbeitgeber darlegen können, warum der Arbeitnehmer für einen bestimmten Schaden haftbar ist. Die Beweislast liegt also bei ihm. Das kann eine große Hürde für Schadenersatzansprüche darstellen.

Der Grad der Fahrlässigkeit und sein Nachweis sind sehr einzelfallabhängig. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht weiß, welche Argumente für leichte oder grobe Fahrlässigkeit sprechen.

Ist der Schaden versichert, zum Beispiel der Personenschaden durch die gesetzliche Unfallversicherung?

Kommen andere Arbeitnehmer zu Schaden, sind die Behandlungskosten, das Verletztengeld während der Reha und eine mögliche Rente im Fall von langfristiger Erwerbsminderung über die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) versichert. Deshalb kann der Verursacher dafür nicht haftbar gemacht werden.

Entsprechendes gilt auch, wenn Schäden durch eine andere Versicherung abgedeckt sind. In manchen Berufen ist eine Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Vom Arbeitnehmer verursachte Schäden können auch von anderen Versicherungen gedeckt sein. Hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass eine Versicherung die Schäden ausgleicht, kann er nicht den Arbeitnehmer in Haftung nehmen.

Bei Vorsatz leistet keine Versicherung. Das gilt auch für vorsätzlich verursachte Personenschäden, die die gesetzliche Unfallversicherung nicht trägt.

Mankovereinbarung für Fehler beim Warenbestand oder in der Kasse

Eine Besonderheit gibt es bei der Haftung von Arbeitnehmern für Kassenbestände oder Warenbestände: Sie kann durch eine sogenannte Mankovereinbarung oder Mankoklausel im Arbeitsvertrag geregelt werden.

Die Mankoklausel legt fest, dass der Mitarbeiter grundsätzlich für Schäden durch Fehlbestände in den ihm anvertrauten Warenbeständen oder Kassen haftet, unabhängig von der Fahrlässigkeit. Als Ausgleich für das zusätzliche Risiko kann der Mitarbeiter die Zahlung eines angemessenen Mankogeldes beanspruchen.

Die Formulierung einer wirksamen Mankovereinbarung ist anspruchsvoll und gehört in die Hände eines Rechtsanwalts für Arbeitsrecht.

Das Betriebsrisiko und die Haftung des Arbeitgebers

Bei Schadenersatzforderungen gegenüber einem Arbeitnehmer aufgrund eines fahrlässig verursachten Schadens betrachten die Arbeitsgerichte grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Haftung.

Zum einen haftet der Arbeitnehmer, und zwar umso mehr, je größer sein Verschulden ist, d. h. je fahrlässiger er sich verhalten hat und umso mehr dieser Fehler ihm gewissermaßen nicht hätte passieren dürfen.

Zum anderen trifft aber grundsätzlich auch den Arbeitgeber eine Haftung, und zwar auch dann, wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Die Arbeitgeberhaftung resultiert aus dem Betriebsrisiko, dass er grundsätzlich trägt.

Am besten lässt sich das Betriebsrisiko an einem Beispiel darstellen. In einem Sägewerk werden laufend schwere Baumstämme antransportiert, gestapelt und mit maschinell betriebenen, großen Sägen zu Brettern geschnitten. Der Betrieb eines Sägewerks ist deshalb zwangsläufig mit dem Risiko verbunden, dass sich Unfälle und damit Vermögensschäden, Sachschäden oder Personenschäden ereignen. Dieses Betriebsrisiko, das gewissermaßen einfach daraus entsteht, dass das Sägewerk existiert, hat der Inhaber übernommen, als er den Betrieb gegründet oder gekauft hat. Dafür haftet der Inhaber.

Die Haftung aus dem Betriebsrisiko ist seit langem nicht mehr nur bei „gefahrgeneigter Arbeit“ wie im Sägewerk relevant. Inzwischen wägen die Arbeitsgerichte in jedem Fall von Arbeitnehmerhaftung ab: Wie weit haftet der Arbeitnehmer, weil er fahrlässig Schäden verursacht hat? Und wie weit haftet der Arbeitgeber aus dem Betriebsrisiko, weil Fehler und Schäden zum Geschäftsbetrieb gehören?

In vielen Fällen liegt die Haftung weder ganz beim Arbeitnehmer noch ganz beim Arbeitgeber. Wo genau dazwischen sie angesiedelt ist, hängt vom Einzelfall ab.

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Rechtsanwalt für Arbeitsrecht & Erbrecht Fabian Symann aus München.

Fabian Symann

Fachanwalt Arbeitsrecht und Erbrecht

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