Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher
Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung beruhen auf einem vertraglichen Dreiecksverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer, seinem Verleiher (dem Zeitarbeits-Unternehmen) und dem Entleiher (dem Unternehmen, wo der Arbeitnehmer tatsächlich eingesetzt ist).
- Auf dem Zeitarbeitsmarkt dürfen nur Entleiher auftreten, die eine gültige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzen.
- Der Entleiher muss mit dem Zeitarbeitsunternehmen einen rechtskonformen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abschließen.
- Der Arbeitsvertrag zwischen Zeitarbeitnehmer und Entleiher muss klar von Arbeitnehmerüberlassung sprechen.
Der Leiharbeitnehmer bleibt zwar beim Verleiher beschäftigt, etwa einem Personaldienstleister. Er wird jedoch für die Dauer der Leihe in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und untersteht in dieser Zeit auch dessen Weisungsrecht.
Unzulässig ist die Kettenüberlassung, bei der ein Unternehmen Arbeitskräfte entleiht und selbst weiter entleiht.
Fehler bei der Zeitarbeit rächen sich schnell, auch Formfehler. Bei Verletzung der Vorschriften drohen empfindliche Bußgelder. Verleiher wie Entleiher haften für die Sozialversicherungsabgaben der Leiharbeitnehmer. Außerdem entsteht bei bestimmen Verstößen ein direktes Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher.
Fiktives Arbeitsverhältnis und Festhaltenserklärung
Bestimmte Fehler lassen den Arbeitsvertrag zwischen dem Entleiher (Personaldienstleister bzw. Zeitarbeitsfirma) einerseits und dem Leiharbeitnehmer andererseits unwirksam werden. Dann wird grundsätzlich der Betrieb, der den Arbeitnehmer entliehen hat, zu seinem Arbeitgeber.
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bestimmt ein solches fiktives Arbeitsverhältnis im Fall von:
- Arbeitnehmerüberlassung ohne die erforderliche Genehmigung
- Arbeitsverträgen, die die Arbeitnehmerüberlassung nicht deutlich machen
- Überschreiten der Überlassungshöchstdauer
Verhindern kann dies nur der Leiharbeitnehmer selbst. Dazu muss er innerhalb eines Monats eine Festhaltenserklärung abgeben. Damit bleibt er beim Verleiher beschäftigt.
Im Arbeitsrecht spricht man von einem fiktiven Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher, das durch Vertragsfehler im Arbeitsvertrag mit dem Verleiher entsteht. Seine Folgen sind allerdings sehr real.
Arbeitnehmerüberlassung ohne Genehmigung
Grundsätzlich benötigt man für kommerzielle Zeitarbeit eine Genehmigung. In bestimmten Fällen können Unternehmen ihre Arbeitnehmer jedoch auch ohne Erlaubnis anderen Unternehmen überlassen. Voraussetzung ist, dass sie Leiharbeit nicht geschäftsmäßig anbieten („Kollegenhilfe“).
Unter bestimmten Voraussetzungen genügt dafür eine Anzeige der Überlassung an die Bundesagentur für Arbeit:
- Der Entleiher hat weniger als 50 Beschäftigte.
- Die Entleihe dauert nicht länger als zwölf Monate.
- Der Arbeitnehmer wurde nicht eigens zur Überlassung eingestellt.
- Zweck der Überlassung ist es, Kurzarbeit oder Kündigungen zu verhindern.
Ein typischer Fall wäre ein Unternehmen, das vor der Kurzarbeit steht und Mitarbeiter an einen anderen Betrieb der gleichen Branche ausleiht, der dringend Personal benötigt.
Erlaubnisfrei möglich ist außerdem:
- die Überlassung von Arbeitnehmern zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweigs, wenn ein für Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag dies zulässt
- die kurzfristige, gelegentliche Überlassung auch zwischen Arbeitgebern unterschiedlicher Branchen für einen einmaligen Zeitraum von drei bis sechs Monaten
Bei einer erlaubnisfreien Überlassung sollten beide Unternehmen die Rechtslage genau prüfen. Fehler haben teure Folgen.
Überlassungserlaubnis
Die Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung wird bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt und kann zunächst nur jährlich verlängert werden. Erst nach dreijähriger Entleih-Tätigkeit wird die Überlassungserlaubnis unbefristet ausgestellt.
Die Arbeitsagentur kann die Erlaubnis versagen oder unter einen Widerrufsvorbehalt stellen, wenn sie befürchtet, dass der Personaldienstleister wichtige Vorschriften nicht einhalten wird. Auch ein Widerruf der Überlassungserlaubnis ist möglich.
Verweigert oder widerruft die Arbeitsagentur die Überlassungserlaubnis ohne ausreichenden Grund, kann das betroffene Unternehmen Widerspruch einlegen, klagen und einen Ausgleich seines finanziellen Schadens verlangen.
Sonderfall Baugewerbe
Der kommerzielle Verleih von Arbeitern in Betriebe des Baugewerbes ist nicht gestattet. Das gilt auch für Personaldienstleister und Zeitarbeitsunternehmen mit gültiger Überlassungserlaubnis.
Dagegen kann ein Betrieb des Baugewerbes einem anderen Betrieb Arbeitnehmer überlassen, wenn beide unter die gleichen Rahmen- und Sozialkassentarifverträge fallen. Beim Verleih-Betrieb muss der Tarif seit mindestens drei Jahren bindend sein.
Das Bußgeld für unzulässige Arbeitnehmerüberlassung ins Baugewerbe kann bis zu 30.000 Euro erreichen, für beide Seiten.
Arbeitnehmer-Überlassungsvereinbarung (Zeitarbeitsvertrag)
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag das Kernstück der Arbeitnehmerüberlassung. Er muss in Schriftform abgeschlossen werden, klar von „Arbeitnehmerüberlassung“ handeln und die Arbeitnehmer konkret benennen. Außerdem sollte er folgende Punkte enthalten:
- eine Erklärung des Verleihers, dass er eine Überlassungserlaubnis besitzt,
- die Tätigkeit, die der Leiharbeitnehmer ausführen soll,
- die Qualifikation, die dafür erforderlich ist,
- Angaben zu den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung, die für eigene Arbeitnehmer des Entleihers bei solchen Aufgaben gelten.
Bei Konflikten zwischen Entleiher und Personaldienstleister ist der Arbeitnehmer-Überlassungsvertrag entscheidend. Deshalb sollten die Bedingungen und Anforderungen möglichst genau erfasst sein.
Überlassungshöchstdauer
Grundsätzlich darf die Arbeitnehmerüberlassung nicht länger als 18 Monate dauern. In Tarifverträgen der Einsatzbranche kann diese Frist auf 24 Monate ausgedehnt werden. Eine erneute Überlassung ist danach frühestens nach drei Monaten möglich.
Die Überlassungshöchstdauer bezieht sich auf die Person. Sie kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Leiharbeitnehmer nach 18 Monaten zu einem anderen Verleiher wechselt, der ihn demselben Entleiher überlässt.
Bei Überschreiten der Überlassungshöchstdauer gilt der Arbeitnehmer als Beschäftigter des Unternehmens, an das er entliehen wurde, sofern er nicht aktiv widerspricht.
Equal-Pay-Vorschriften und Mindestlohn-Vorschriften für Arbeitnehmerüberlassung
- Leiharbeitsfirmen müssen Leiharbeitnehmern grundsätzlich die Bezahlung gewähren, die die eigenen Arbeitnehmer des Entleihers beanspruchen können (Equal Pay).
- Der Verleiher kann den Zeitarbeitnehmer nur dann vorübergehend unterhalb des Lohnniveaus beim Entleiher bezahlen, wenn ein eigener Tarifvertrag für die Zeitarbeitsbranche das vorsieht. Diese geringere Bezahlung ist grundsätzlich auf neun Monate begrenzt. Bei stufenweiser Angleichung muss das Lohnniveau des Entleihers nach maximal 15 Monaten erreicht sein.
- Davon unabhängig gilt für die Leiharbeit ein eigener Mindestlohn. Das schreibt die jeweils aktuelle „Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung“ vor. Sie gilt auch für Verleiher mit Sitz im Ausland. Seit April 2021 sind die Lohnuntergrenzen bundesweit einheitlich.
- In bestimmten Branchen gilt ein allgemeinverbindlicher tariflicher Branchen-Mindestlohn. Das ist etwa in der Pflege, im Bereich der Gebäudereinigung, in vielen Handwerken und in der Weiterbildungsbranche der Fall. In diesen Branchen gilt der jeweilige Branchenmindestlohn als Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit.
Den tariflichen Mindestlohn können ausgeliehene Arbeitnehmer jederzeit vor dem Arbeitsgericht einklagen. Außerdem kontrollieren der Zoll und die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung die Einhaltung der Mindestlohn-Vorschriften.
Der Gleichstellungsgrundsatz gilt auch für Arbeitsbedingungen und Arbeitgeberleistungen
Leiharbeitnehmer haben auch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern des Entleihers. Sie dürfen weder in Bezug auf Arbeitsschutz noch bei Arbeitgeberleistungen, Überstunden, Schichtdiensten, Pausenregelungen oder Urlaub schlechter gestellt werden.
Zeitarbeitnehmer dürfen auch nicht vom Zugang zu Betriebseinrichtungen wie einer Kantine oder Umkleideräumen ausgeschlossen werden. Entsprechendes gilt für Vergünstigungen wie die Stellung oder Reinigung von Arbeitskleidung auf Arbeitgeberkosten.
Vereinbarungen, die den Zugang von Zeitarbeitnehmern zu Gemeinschaftseinrichtungen des Entleihers beschränken, sind ungültig (§ 9 Abs. 1 Nr. 2a AÜG).
Arbeitnehmerüberlassung: Hinweise für Arbeitgeber
- Viele Arbeitgeber wissen gar nicht, dass Betriebe unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmer auch ohne Überlassungserlaubnis verleihen dürfen. Diese Option kann helfen, um ohne Entlassungen durch eine Flaute zu kommen.
- Wenn Mitarbeiter in ein Zeitarbeitsunternehmen ausgegliedert werden, entfällt die Möglichkeit, sie nach Zeitarbeits-Tariflohn und damit niedriger zu vergüten.
- Entleiher müssen der Arbeitsagentur den Einsatz von Leiharbeitnehmern aus dem Ausland grundsätzlich melden. Außerdem müssen Sie den ausländischen Verleiher über die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen in Ihrem Betrieb informieren. Eine Überlassung aus dem Ausland sollten Sie anwaltlich begleiten lassen.
- Der Wechsel von Leiharbeitnehmern zum Entleiher lässt sich vertraglich nicht ausschließen.
- Die Formulierung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags erfordert große Sorgfalt. Die Tätigkeits- und Qualifikationsbeschreibung kann sich direkt auf die Lohnansprüche der Arbeitnehmer auswirken – und auf die Ansprüche der Vertragspartner untereinander.
Tipps für Leiharbeitnehmer
- Als Leiharbeitnehmer sind Sie grundsätzlich in einer starken Position: Fehler im Vertragsverhältnis können schnell dazu führen, dass Ihr Entleiher Sie als eigenen Arbeitnehmer behandeln und bezahlen muss.
- Sie dürfen nicht schlechter gestellt werden als die Mitarbeiter des Unternehmens, in dem Sie eingesetzt sind. Unterschiede können Sie einklagen.
- Das gilt grundsätzlich auch für die Entlohnung. In der Praxis müssen Sie zwar zunächst oft eine geringere Bezahlung in Kauf nehmen – aber nur auf tariflicher Grundlage, und nur eine bestimmte Zeit lang. Was das für Ihren Fall bedeutet, kann Fachanwalt Symann Ihnen sagen.
Wird Ihnen ein Teil Ihrer Arbeitsstunden nicht ausbezahlt, sondern dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben? Dafür gelten Obergrenzen. Ab einem Guthaben von 105 Stunden können Sie die Auszahlung aller weiteren Stunden verlangen.