Der Münchener Rechtsanwalt Fabian Symann, LL.M. ist Fachanwalt für Erbrecht und von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) als Testamentsvollstrecker zertifiziert. Er erläutert, was Enterbung bedeutet, wie sie sich vom Entzug des Pflichtteils unterscheidet und wovon es abhängt, ob eine Enterbung Bestand hat.
Enterben: die Erbberechtigung entziehen
Wer Vermögen hat, kann bestimmen, wer erben soll. In ihrer letztwilligen Verfügung, d. h. durch ein Testament oder einen Erbvertrag, die den letzten Willen festhalten, können Erblasser nicht nur Erben einsetzen. Sie haben auch das Recht, Personen ausdrücklich vom Erbe auszuschließen – sie zu enterben.
Erforderlich ist eine Enterbung nur bei Personen, die andernfalls Anspruch auf ein Erbe erheben könnten:
- Angehörige, die in gesetzlicher Erbfolge stehen, werden durch eine Enterbung vom Erbe ausgeschlossen.
- Jemand, der in einem früheren Testament als Erbe eingesetzt wurde, kann durch eine neue letztwillige Verfügung ausdrücklich enterbt werden.
Erblasser müssen ihre Entscheidung nicht begründen. Für eine Enterbung müssen auch keine bestimmten Voraussetzungen vorliegen, etwa Fehlverhalten oder Entfremdung.
Allerdings führt eine Enterbung von Angehörigen mit gesetzlichem Erbrecht nur selten dazu, dass diese gar nichts bekommen. In den meisten Fällen bleibt ihnen der Anspruch auf den Pflichtteil.
Die Möglichkeit der Enterbung gehört zur Testierfreiheit: zum Recht, selbst über den eigenen Nachlass zu bestimmen. Als Fachanwalt für Erbrecht unterstützt Sie Anwalt Symann beim Erstellen eines rechtskonformen letzten Willens.
Form und Folgen einer Enterbung
Die Vorschriften für eine letztwillige Verfügung zur Enterbung unterscheiden sich nicht von denen zur Erbeinsetzung. Eine Enterbung kann Teil eines eigenhändigen oder eines notariell erstellten Testaments sein oder als Klausel in einem Erbvertrag verankert werden. Eine mündliche Enterbung ist dagegen – außer im seltenen Fall eines Nottestaments – bedeutungslos.
Ein Testament kann auch nur aus einer Enterbung bestehen, etwa aus dem Satz „Ich enterbe meinen Sohn XY.“ Wer stattdessen erbt, muss nicht festgelegt werden (§ 1938 BGB). In diesem Fall richtet sich die Weitergabe des Vermögens nach dem gesetzlichen Erbrecht oder, falls vorhanden, nach einem früheren Testament mit positiven Festlegungen, aber ohne Berücksichtigung des Sohnes.
Hat der enterbte Sohn selbst eine Tochter, und gilt die gesetzliche Erbfolge, weil außer dem negativen Testament keine weitere letztwillige Verfügung existiert, dann tritt die Enkelin an die Stelle des enterbten Sohnes. Dieser wird bei der Ermittlung der Erbanteile so behandelt, als wäre er bereits verstorben. Soll eine Enterbung auch die Nachkömmlinge betreffen, also etwa die Enkelin, muss dies bei gesetzlicher Erbfolge ausdrücklich festgelegt werden.
Eine solche negative Testamentsverfügung ist jedoch gar nicht notwendig. Stattdessen genügt es, ein Testament zu erstellen, in dem der Nachlass anderen Personen zugesprochen wird. Damit sind alle nicht als Erben eingesetzten Personen enterbt. Der Vater, der seinen Sohn und dessen Kinder enterben möchte, kann das einfach dadurch erreichen, dass er seine Ehefrau als Alleinerbin einsetzt. Dem Sohn bleibt dann nur der Pflichtteil.
Für die Enterbung wie für die Erbeinsetzung gilt: das Testament oder der Erbvertrag müssen alle formellen Anforderungen erfüllen. Mit Fachanwalt Symann ist das gewährleistet. Außerdem berät er Sie zur optimalen Gestaltung nach Ihren Vorstellungen.
Wann ist eine Enterbung nicht möglich?
In bestimmten Fällen verhindert die erbrechtliche Situation, dass eine Person enterbt werden kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Erblasser mit dem oder der Betreffenden zuvor einen Erbvertrag abgeschlossen und ihn darin als Erben eingesetzt hat.
Eine derartige vertragliche Verfügung kann später nicht einfach einseitig rückgängig gemacht und durch eine Enterbung ersetzt werden. Vorher muss der Vertrag angefochten oder widerrufen werden oder der Erblasser muss von ihm wirksam zurücktreten. Das setzt voraus, dass ein solcher Widerruf, die Anfechtung oder der Rücktritt möglich sind, zum Beispiel weil der Vertrag selbst dies vorsieht oder weil das Verhalten der Gegenseite die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar werden lässt. Die Anforderungen dafür sind hoch, Entfremdung und Streit reichen nicht aus.
Eine einseitig verfügte Erbeinsetzung Dritter kann dagegen vom Erblasser später problemlos in eine Enterbung umgeändert werden: hat die Mutter im Erbvertrag mit der Tochter zusätzlich ihrer Cousine einen bestimmten Teil vom Nachlass zugesprochen, kann sie diese Verfügung in einem weiteren Testament wieder rückgängig machen und ihre Cousine enterben.
Der Fachanwalt für Erbrecht ist die richtige Anlaufstelle, wenn klare erbrechtliche Regelungen für komplizierte Situationen benötigt werden.
Enterbung und Pflichtteil: Enterbte können den Pflichtteil verlangen
Gesetzliche Erben wie Ehepartner, Kinder, Enkel oder Eltern können jederzeit enterbt werden. Allerdings behalten sie auch bei Enterbung ihren Anspruch auf den Pflichtteil. Bei enterbten Ehepartnern kommt je nach Güterstand auch der Versorgungsausgleich hinzu.
Der Pflichtteilsanspruch umfasst die Hälfte dessen, was der gesetzliche Erbteil wert gewesen wäre. Der Umfang des Pflichtteils beziehungsweise des gesetzlichen Erbanspruchs hängt davon ab, wie viele andere gesetzliche Erben vorhanden sind und in welchem Verhältnis sie zum Erblasser standen.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch. Der enterbte Sohn kann von seinem Bruder, der als Alleinerbe das Haus der Familie erbt, den entsprechenden Betrag sofort und in voller Höhe einfordern. Das kann für Probleme sorgen, wenn der Erbe keine Barmittel hat und im Erbfall dem enterbten Bruder sofort ein Viertel des Immobilienwerts auszahlen muss. Auch solche Aspekte wollen bedacht sein, wenn jemand enterbt wird.
Möchten Erblasser einem Angehörigen nicht nur den Erbanspruch, sondern auch den Pflichtteil entziehen, müssen dafür sehr besondere Voraussetzungen vorliegen. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit, durch lebzeitige Schenkungen und andere Gestaltungsformen den Pflichtteil zu verringern.
Wenn Sie eine Person nicht nur vom Erbe ausschließen, sondern ihr auch den Pflichtteil entziehen oder diesen beschränken wollen, benötigen Sie kompetenten erbrechtlichen Rat. Ihre Möglichkeiten hängen von der individuellen Situation ab.
Vollständige Enterbung: Enterbung samt Pflichtteilsentziehung
Um einen gesetzlichen Erben vollständig zu enterben, muss der Erblasser ihn erstens enterben und ihm zweitens den Pflichtteil entziehen. Die Pflichtteilsentziehung ist an sehr enge Voraussetzungen gebunden: dazu muss sich der oder die Betreffende schwere Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, etwa einen Anschlag auf das Leben des Erblassers, eine andere vorsätzliche Straftat oder eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht.
Eine andere Möglichkeit, die vollständige Enterbung zu erreichen, ist eine einvernehmliche Lösung. Dabei verzichten die Erbin oder der Erbe von sich aus auf Erb- und Pflichtteilansprüche. In der Regel wird im Gegenzug eine Abfindung bezahlt.
In Deutschland setzt das Erbrecht hohe Hürden für eine vollständige Enterbung. Das gilt nicht für alle Staaten. Die Münchener Erbrechtskanzlei Symann berät Sie zu Ihren Möglichkeiten.
Wie können Betroffene sich gegen eine Enterbung wehren?
Grundsätzlich haben Erblasser die Freiheit, jede Person zu enterben, die ansonsten einen Teil des Nachlasses erhalten würde. Das gilt selbst dann, wenn Außenstehende darüber den Kopf schütteln mögen.
Allerdings ist eine Enterbung nur dann wirksam, wenn die Entscheidung unter korrekten Bedingungen getroffen und in die gesetzlich vorgegebene Form eines Testaments oder Erbvertrags gebracht wurde. Mögliche Gegenargumente, die auch vor Gericht Bestand haben:
- Die Enterbung war unzulässig, da sie gegen einen geltenden Erbvertrag verstoßen hat: der Vater hat seine Töchter vertraglich als Erbinnen eingesetzt, später hat er in einem Testament seine zweite Frau zur Alleinerbin bestimmt.
- Die Enterbungsverfügung kam unter Druck zustande, der Erblasser wurde dazu genötigt oder er wurde durch falsche Tatsachenbehauptungen in die Irre geführt: die pflegebedürftige Mutter wurde durch den bei ihr lebenden Sohn mit Drohungen dazu gebracht, ihren anderen Kindern das Erbe zu entziehen.
- Beim Aufsetzen des Testaments, in dem er seine Angehörigen enterbt hat, war der Erblasser nicht testierfähig: die neue Pflegekraft hat die Demenz des alten Herrn ausgenutzt, um sich einen Erbanspruch auf dessen Vermögen zu sichern.
- Die letztwillige Verfügung entspricht nicht den formellen Anforderungen: das handschriftliche Testament der alten Dame, in der sie ihre Angehörigen enterbt, wurde nicht von ihr selbst geschrieben.
Natürlich sind Indizien oder Beweise notwendig, die gegen die Gültigkeit der Enterbung sprechen. Der bloße Verdacht genügt nicht. Zeugenaussagen oder Gutachten können als Beleg dienen.
Angehörige, die bezweifeln, dass es bei ihrer Enterbung mit rechten Dingen zugegangen ist, sollten sich umgehend mit Fachanwalt für Erbrecht Fabian Symann in Verbindung setzen. Er weiß, welche Möglichkeit es gibt, um angemessen zu reagieren.
Enterben als erbrechtliches Gestaltungsmittel
Eine Enterbung ist nicht immer ein unfreundlicher Akt. Sie kann auch dazu dienen, bestimmte erbrechtliche Gestaltungen abzusichern.
- Ein Beispiel ist die Pflichtteilsstrafklausel bei einem Ehegattentestament. Dabei soll das Erbe zunächst an den überlebenden Ehepartner und erst bei dessen Tod an die Kinder fallen. Allerdings können die Kinder bereits beim Tod des zuerst versterbenden Ehepartners auf dem Pflichtteil bestehen. In diesem Fall, so besagt die Pflichtteilsklausel, werden sie als Schlusserben enterbt und erhalten nichts mehr weiter.
- Ein anderer häufiger Fall: die Mutter möchte der einen Tochter bereits zu Lebzeiten das Haus übergeben, die andere Tochter soll dafür nach ihrem Tod einen Ausgleich erhalten. Das kann sie gewährleisten, indem sie die mit der Immobilie beschenkte Tochter enterbt und außerdem festlegt, dass die Schenkung auf den Pflichtteil angerechnet wird.
- Dagegen ist die Enterbung oft nicht das optimale Mittel, um Vermögen vor dem Zugriff von Sozialhilfeträgern oder Gläubigern zu schützen. Schließlich bleibt der Pflichtteilsanspruch erhalten. Dieser kann ebenfalls gepfändet werden. Meist sind bessere Lösungen für ein Behindertentestament oder als Nachlassregelung für überschuldete Erben möglich.
Die Enterbung bestimmter Beteiligter kann eine individuelle, faire erbrechtliche Lösung absichern. Entscheidend ist die optimale Ausrichtung auf die individuelle Situation.