Was bedeuten Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft?
Erben müssen eine Erbschaft nicht annehmen. Vielleicht ist das Erbe mit hohen Schulden belastet und es ist besser, die Erbschaft auszuschlagen. Rosinenpickerei ist allerdings ausgeschlossen. Fabian Symann erläutert, was Erben über Annehmen oder Ausschlagen der Erbschaft wissen sollten, bevor sie sich entscheiden. Er ist Fachanwalt für Erbrecht in München und von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) als Testamentsvollstrecker zertifiziert.
Das Erbe ausschlagen oder annehmen?
Erben ist keine Pflicht, Wer „zum Erben berufen“ ist, ob durch gesetzliche Erbfolge oder wegen eines Testaments oder eines Erbvertrags, kann die Erbschaft ablehnen. Es gibt zwei Möglichkeiten:
- Will man die Erbschaft annehmen, ist grundsätzlich nichts zu tun. Eine besondere Erklärung ist nicht erforderlich. Als angenommen gilt die Erbschaft erst recht bei entsprechendem Verhalten: wenn man beispielsweise ein Nachlassverzeichnis erstellt und einreicht, wertvolle Objekte sichert oder einen Erbschein beantragt.
- Wer keine Erbe werden möchte, muss die Erbschaft ausschlagen. Dazu muss man aktiv werden: die Erbausschlagung muss persönlich erklärt werden. Dazu muss man entweder das Nachlassgericht aufsuchen, das für den letzten Wohnsitz des oder der Verstorbenen zuständig ist, oder das Nachlassgericht am eigenen Wohnort. Alternativ kann man die Erklärung über einen Notar abgeben. Das verursacht jedoch zusätzliche Kosten. Eine E-Mail oder eine WhatsApp-Nachricht genügen zur Erbausschlagung ebenso wenig wie ein Anruf oder ein Schreiben.
Was nicht geht: die Erbschaft unter Bedingungen annehmen, etwa nur, falls der Nachlass schuldenfrei ist. Erben können sich auch nicht bestimmte Teile der Erbschaft herauspicken – etwa den teuren Sportwagen des Verstorbenen und sein Kontoguthaben – und andere Dinge wie das mit Hypotheken belastete Grundstück ablehnen. Hat man den Sportwagen allerdings als Vorausvermächtnis erhalten, kann man dieses Vermächtnis annehmen und die Erbschaft am restlichen Nachlass trotzdem ausschlagen.
Übrigens darf man das Erbe selbst dann ausschlagen, wenn man einen Erbvertrag mit dem Erblasser abgeschlossen hat.
Annehmen oder ausschlagen? Diese Entscheidung sollten Erben nicht übereilt treffen. Fachanwalt Symann nicht sich Zeit, um Sie persönlich zu beraten.
Ausschlagungsfrist: zum Ausschlagen der Erbschaft bleibt nur eine bestimmte Frist
Für das Ausschlagen gilt eine Frist von sechs Wochen ab Kenntnis der Erbschaft. Nur bei Auslandsbezug verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf sechs Monate: dafür muss entweder der Erblasser zuletzt im Ausland gewohnt oder der Erbe sich außerhalb Deutschlands aufgehalten haben.
Die Frist läuft ab dem Moment, an dem man vom Nachlassgericht über den „Anfall der Erbschaft“ informiert wird. Das geschieht allerdings nur, wenn es einen Erbvertrag oder ein Testament gibt, das den Nachlass regelt. Ohne solche letztwillige Verfügung gilt die gesetzliche Erbfolge, in diesem Fall wird man nicht benachrichtigt. Dann läuft die Ausschlagungsfrist ab dem Zeitpunkt, zu dem man vom Tod des Erblassers erfährt.
Nach Ablauf der Ausschlagungsfrist gilt die Erbschaft als angenommen. Danach ist die Ausschlagung nicht mehr möglich.
Schulden erben: das Risiko ist real
Wer erbt, tritt in die Rechtsnachfolge des Erblassers ein: Erben übernehmen die Ansprüche und Rechte, die mit dem Erbvermögen zusammenhängen, aber auch die Verbindlichkeiten, Pflichten und Schulden. Das kann zum Problem werden.
Ein typisches Beispiel ist ein stark mit Hypotheken belastetes geerbtes Grundstück: Wenn der Erbe das Grundstück übernimmt, wird er zum Schuldner. Die Banken können nicht bezahlte Tilgungsraten und Zinsen von ihm fordern. Kann er nicht bezahlen, droht die Zwangsversteigerung, und wenn dann noch Forderungen offenbleiben, auch die Pfändung ins sonstige Vermögen des Erben, etwa eine Konten- oder Lohnpfändung.
Ein anderes, durchaus realistisches Szenario ist das Erbe von Gesellschaftsanteilen an einem finanziell nicht stabil aufgestellten Unternehmen, das später in die Insolvenz geht. Je nach Rechtsform kann es sein, dass man als Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft geradestehen muss, und das Erbe einen in den Ruin treibt.
Welche Risiken mit der Annahme einer Erbschaft verbunden sind, kann man selten sofort beurteilen. Die Münchner Erbrechtskanzlei unterstützt sie mit einer umfassenden, nüchternen Einschätzung.
Kein Grund, das Erbe vorschnell auszuschlagen: Nachlassverwaltung schützt vor überschuldetem Nachlass
Zum Glück können Erben ihr Risiko begrenzen, mit ihrem persönlichen Vermögen für Schulden aus dem Nachlass zu haften. Sie können beim Nachlassgericht einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen.
Großer Vorteil der Nachlassverwaltung: die Erben müssen keine Nachlassverbindlichkeiten übernehmen. Ein Nachlassverwalter prüft, welche Vermögenswerte und welche Verbindlichkeiten zu dem Nachlass gehören. Er liquidiert das Vermögen, indem er beispielsweise Grundstücke und Wertgegenstände verkauft, bezahlt die Schulden und händigt dem oder den Erben am Ende verbleibendes Vermögen aus. Die Kosten des Verfahrens werden aus dem Nachlass bezahlt.
Für den Antrag auf Nachlassverwaltung haben Erben zwei Jahre lang Zeit. Das eröffnet bei verwickelten Nachlässen mit entsprechendem Risiko wichtigen Spielraum: Der Erbe kann gemeinsam mit einem Fachanwalt für Erbrecht das Nachlassvermögen genau prüfen, mögliche Verbindlichkeiten und Langzeitrisiken ausloten und dann entscheiden, ob der Antrag auf Nachlassverwaltung sinnvoll ist.
Übersteigen die hinterlassenen Schulden allem Anschein nach das hinterlassene Vermögen, wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet. Es kann vom Nachlassverwalter, von den Nachlassgläubigern und von den Erben initiiert werden. Auch in diesem Fall sind die Erbberechtigten davor geschützt, dass Nachlassgläubiger sich wegen der Bezahlung der Schulden an sie wenden: die Forderungen, die am Ende der Nachlassinsolvenz unbezahlt bleiben, müssen sie abschreiben. Das gilt erst recht, wenn die Nachlassinsolvenz aufgrund der Dürftigkeit des Nachlasses gar nicht erst eröffnet wird.
Nachlassverwaltung beantragen oder ausschlagen? Die richtige Entscheidung erfordert die genaue Prüfung der Sachlage. Eine vorschnelle Ausschlagung ist fast immer unumkehrbar und deshalb oft unklug. Umgekehrt vermindern die Kosten der Nachlassverwaltung das hinterlassene Vermögen. Außerdem kostet es ebenso wie ein Nachlassinsolvenzverfahren Zeit und Mühe durch die Mitwirkungspflichten als Erbe.
Anwalt Fabian Symann prüft als Fachanwalt für Erbrecht mit ihnen gemeinsam die Situation und berät Sie zum optimalen Vorgehen.
Erbausschlagung: Und wer erbt dann?
Wenn erst einmal die Ausschlagung der Erbschaft erklärt wurde, gilt sie als bei diesem Erben nicht angefallen. Erbrechtlich ändert sich die Situation so, als wäre er bereits gestorben. Wer statt seiner erbt, hängt davon ab, ob der Nachlass gemäß gesetzlicher Erbfolge weitergegeben wird oder ob dies durch ein Testament oder einen Erbvertrag geregelt wird.
- Bei gesetzlicher Erbfolge rückt der nächste gesetzliche Erbe an die Position des ursprünglichen Erben. Schlägt der Sohn das Erbe seines Vaters aus, nehmen seine Kinder, die Enkel des Erblassers, seinen Platz ein. Hat der Sohn keine eigenen Kinder, wird sein Erbteil unter den anderen gesetzlichen Erben aufgeteilt, beispielsweise seinen Geschwistern. Gibt es keine weiteren Erben, fällt das Erbe an den Staat.
- Liegt ein Testament oder ein Erbvertrag vor, müssen die Bestimmungen und Anordnungen geprüft werden. Dort kann beispielsweise ein Ersatzerbe oder ein Nacherbe benannt sein, die nun zum Zuge kommen. Oder es wurden mehrere gleichrangige Erben eingesetzt, dann übernehmen die anderen den freiwerdenden Erbteil. Ergibt sich aus der letztwilligen Verfügung nicht, wer an nächster Position steht, gelten die Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
Bei einer Erbausschlagung muss mitbedacht werden, dass ein problematischer Nachlass bei den eigenen Kindern landen kann.
Erbschaft ausschlagen, aber den Pflichtteil behalten
Grundsätzlich gilt: wer die Erbschaft ausschlägt, verzichtet gleichzeitig auch auf den Pflichtteil. Davon gibt es jedoch wichtige Ausnahmen.
- Eine dieser Ausnahmen gilt, wenn eine Ehefrau oder ein Ehemann gesetzliche Erben sind und gleichzeitig einen Zugewinnausgleich aufgrund des Todesfalls verlangen können. Dann gibt es mehrere Möglichkeiten, eine davon besteht darin, die genau berechnete Zugewinndifferenz geltend zu machen und gleichzeitig auf die Erbschaft zu verzichten. In diesem Fall ergibt sich das Recht auf den Pflichtteil aus dem Gesetz (§ 1371 BGB).
- Bestimmte Anordnungen in einem Testament führen ebenfalls dazu, dass die dadurch „beschränkten“ oder „beschwerten“ Erben, die Erbschaft ausschlagen können, ohne den Pflichtteilsanspruch zu verlieren. Dies betrifft Regelungen zu einem bestimmten Nacherben, einem bestimmten Testamentsvollstrecker, eine feste Teilungsanordnung sowie Auflagen beziehungsweise Bedingungen, die der Erbe erfüllen soll. Wer mit solchen Vorgaben als Erbe nicht einverstanden ist, darf die Erbschaft ausschlagen und kann dennoch den Pflichtteil fordern (§ 2306 Abs.1 BGB).
In bestimmten Konstellationen hat man mehr davon, wenn man auf die Erbschaft verzichtet und sich mit dem Pflichtteil begnügt. Auch das ist ein Fall für eine sachkundige erbrechtliche Beratung.
Ausschlagung oder Annahme der Erbschaft anfechten
In bestimmten, allerdings außergewöhnlichen Fällen kann die Ausschlagung des Erbes anschließend durch eine Anfechtung wieder rückgängig gemacht werden. Umgekehrt können Erben auch die Annahme der Erbschaft anfechten, dies ist ebenfalls nur unter sehr speziellen Vorzeichen möglich.
- Die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft ist sowohl durch die Gesetzeslage wie durch die Rechtsprechung auf seltene Fälle beschränkt. Es genügt nicht, wenn der Erbe zu spät entdeckt, dass die Erbschaft mit hohen Steuernachforderungen oder einem problematischen Rechtstreit belastet ist. Anders kann der Fall liegen, wenn der Erblasser den Zustand seines Vermögens gegenüber dem Erben bewusst falsch dargestellt hatte.
- Nicht weniger schwierig ist es, wenn man die Annahme des Erbes später anfechten möchte. Auch hier genügt es nicht, dass sich die vermutete Verschuldung des Vermögens im Nachhinein als irrig herausstellt. Die Anfechtung kann dagegen begründet sein, wenn beispielsweise die Stadtverwaltung im Zusammenhang mit der Übernahme von Begräbniskosten für die Verstorbene den Erben zur Ausschlagung geraten hat, obwohl das Erbe gar nicht überschuldet war (OLG Düsseldorf, 27.01.2020 – 3 Wx 167/19).
Für eine solche Anfechtung wird anwaltlicher Rat benötigt. Rechtsanwalt Fabian Symann ist als Fachanwalt für Erbrecht der richtige Mann, um Sie zu beraten und Ihre Interessen zu vertreten.