Homeoffice und Arbeitsrecht

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Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden liegt im Trend liegt. Unter Pandemiebedingungen kann es sogar Pflicht sein. Ansonsten haben Arbeitnehmer bislang keinen Anspruch darauf. Ohne klare Regelungen im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben sich rasch Konflikte. Rechtsanwalt Fabian Symann, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München, kennt Lösungen.

Homeoffice – Segen oder Fluch?

Homeoffice ist spätestens seit Corona ein fester Bestandteil der Arbeitswelt. Dabei sind die Meinungen geteilt. Für manche Arbeitnehmer bedeutet Homeoffice vor allem Stress: Arbeiten zwischen Kindern oder Mitbewohnern, ohne Kollegengespräche beim gemeinsamen Kaffee. Andere Mitarbeiter freuen sich über die Arbeit im vertrauten Umfeld ohne den zeitraubenden Weg ins Büro.

Auch auf Arbeitgeberseite gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche Unternehmen nutzen die Möglichkeit, Büroflächen einzusparen. Andere ärgern sich über zusätzliche Kosten, befürchten Sicherheitslücken und beklagen die fehlende Face-to-Face-Kommunikation.

Wie immer man zum Homeoffice steht: In einer Grauzone unklarer Regelungen sollte der häusliche Arbeitsplatz nicht liegen.

Homeoffice, mobile Arbeit und Telearbeitsplatz

Das Arbeitsrecht kennt den Begriff des Homeoffice nicht. Es unterscheidet stattdessen zwischen Telearbeit und mobiler Arbeit als Alternativen zur Tätigkeit beim Arbeitgeber.

  • Telearbeit setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen vollwertigen Arbeitsplatz in dessen Privatbereich einrichtet, dafür Geräte und Möbel bereitstellt oder zumindest die Kosten übernimmt. Dort ist dann der reguläre bzw. der Hauptarbeitsplatz. Telearbeitsplätze sind in § 2 Abs. 7 Arbeitsstättenverordnung geregelt.
  • Mobile Arbeit bedeutet nur, dass der Arbeitnehmer außerhalb des Unternehmens oder fester Arbeitsstätten arbeitet. Dabei kann er auf dem Weg zum Kundentermin in der Bahn sitzen oder zu Hause mit dem Laptop auf der Veranda. Für mobile Arbeit gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht. Gesetzesvorschläge zur Regelung mobiler Arbeit sind bisher nicht über Entwürfe hinausgekommen.

Homeoffice kann in beide Kategorien fallen. Oft handelt es sich um mobile Arbeit von zuhause aus. Schließlich nutzen Arbeitnehmer im Homeoffice meistens ihre eigenen Räume und Möbel, manchmal sogar den häuslichen Internetanschluss und den eigenen Computer.

Gerade die Vermischung von Privatsphäre und Arbeitsumfeld sorgt beim Homeoffice für arbeitsrechtlichen Konfliktstoff.

Homeoffice-Pflicht wegen der Pandemie

Aufgrund der Pandemie wurden für einen bestimmten Zeitraum bundeseinheitliche Schutzmaßnahmen ergriffen. Dazu gehört gemäß § 28b Abs. 4 IfSG auch die Arbeitgeberpflicht, den Mitarbeitern Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten in ihrer Wohnung zu gestatten, außer bei zwingenden betriebsbedingten Hindernissen.

Die Mitarbeiter müssen umgekehrt von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Sie können das Homeoffice jedoch verweigern, wenn dort aus Lärm- oder Platzgründen kein ungestörtes Arbeiten möglich ist oder andere triftige Gründe vorliegen.

Mitarbeiter haben keinen generellen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice

Abgesehen von der Pandemielage gilt: Einen generellen Rechtsanspruch auf das Arbeiten von zuhause aus haben Arbeitnehmer nicht.

Entsprechende Regeln finden sich zwar zunehmend in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Den Gewerkschaften ist es auch gelungen, solche Ansprüche in einigen Tarifverträgen unterzubringen. Ein Gesetz, das Arbeitnehmern ein allgemeines Recht auf Homeoffice verleihen soll, existiert bislang jedoch nicht, trotz entsprechender politischer Anläufe.

Auch ohne Pflicht zum Ermöglichen von Homeoffice sollten Arbeitgeber sich mit dem Thema Homeoffice befassen. Eine gesetzliche Homeoffice-Pflicht könnte bald Realität sein.

Arbeitgeber können Homeoffice nicht einfach anordnen

Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter nicht einfach ins Homeoffice versetzen, wenn diese es nicht wünschen. Vom allgemeinen Direktionsrecht des Arbeitgebers ist die Versetzung an einen Telearbeitsplatz im privaten Umfeld jedenfalls nicht gedeckt. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden (LAG Berlin-Brandenburg, 14.11.2018 – 17 Sa 562/18).

Sieht der Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung das Homeoffice vor? Dann kann die Versetzung ins Homeoffice möglich sein.

Kein Homeoffice ohne klare, verbindliche Regelungen!

Mitarbeiter, die mobil bzw. zuhause arbeiten, sind der Kontrolle des Arbeitgebers und den Schutzvorkehrungen des Betriebs ein Stück weit entzogen. Bei motivierten Arbeitskräften mag das kein Problem für die Arbeitsleistung sein. Für Gesichtspunkte wie Haftung, Arbeitssicherheit, Computersicherheit, Datenschutz, Geheimnisschutz, Arbeitszeiterfassung und viele weitere Aspekte eines Arbeitsverhältnisses ergibt sich dennoch Regelungsbedarf. Andernfalls drohen Konflikte.

Bei Telearbeitsplätzen ist die Pflicht zur vertraglichen Regelung gesetzlich vorgeschrieben. Dazu gehört, dass die Bedingungen der Telearbeit, die wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer, für die der Telearbeitsplatz eingerichtet ist, festgehalten werden (§ 2 Abs. 7 ArbStättV).

Belastbare, klare und umsetzbare Regelungen zur Arbeit im Homeoffice verhindern Streit und geben Arbeitgebern wie Arbeitnehmern Sicherheit.

Wie lassen sich verbindliche Vorgaben für die Arbeit zuhause gestalten?

Zunächst sollte geklärt sein, ob möglicherweise tarifvertragliche Regelungen greifen. Abgesehen davon kann Homeoffice-Arbeit auf drei Wegen vertraglich verankert werden:

  • Homeoffice-Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat: Dies gewährleistet einheitliche Regelungen für den gesamten Betrieb. Außerdem: Die geschäftliche Entscheidung für oder gegen Homeoffice kann der Arbeitgeber zwar allein treffen. Die Ausgestaltung muss er jedoch mit der Arbeitnehmervertretung abstimmen. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz gilt ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und bei Fragen der Ausgestaltung mobiler Arbeit.
  • Klauseln zum Homeoffice im Arbeitsvertrag: Arbeitnehmer legen immer häufiger Wert auf Homeoffice und sprechen diesen Wunsch direkt bei der Einstellung an. Dann ist es sinnvoll, die Regeln direkt im Arbeitsvertrag festzuhalten. Oft werden die entsprechenden Klauseln zur mobilen Arbeit in gleicher Formulierung in verschiedenen Verträgen verwendet. Damit unterliegen sie der arbeitsrechtlichen Inhaltskontrolle gemäß AGB-Recht: Die Regeln dürfen nicht überraschend oder unklar sein und den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
  • Homeoffice-Zusatzvereinbarung: Die entsprechenden Regelungen können auch individuell in einer zusätzlichen Vereinbarung festgehalten werden. Auch hier gilt ggf. AGB-Kontrolle.

Ob individuelle Vereinbarung oder Betriebsvereinbarung: Homeoffice-Regelungen sollten von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht geprüft werden.

Diese Punkte sollten bei der Arbeit im Homeoffice geregelt sein

  • Für welche Tätigkeiten soll Homeoffice-Arbeit möglich sein? Manche Tätigkeiten lassen sich dort nicht ausführen. Bei anderen Tätigkeiten ist das Sicherheitsrisiko oder der Aufwand zu hoch.
  • Wie viel von der Arbeit wird nach Hause verlagert? Homeoffice kann die gesamte Wochenarbeitszeit, einen festen oder einen wechselnden Teil davon umfassen.
  • Geht es um einen Anspruch oder müssen beide Seiten einwilligen? Es muss klar sein, von wem der Wechsel ins Heimbüro abhängt.
  • Wer sorgt und zahlt für die notwendigen Arbeitsmittel? Wenn der Arbeitgeber Laptop, Smartphone und Internetverbindung stellt, stellen sich Fragen zur Privatnutzung. Arbeitnehmer müssen außerdem wissen, ob sie eigene Geräte für die Arbeit nutzen können. Und natürlich muss geklärt sein, was bzw. wofür der Arbeitgeber genau zahlt.
  • Welche Sicherheitsbestimmungen sind vorgeschrieben? Was gilt im Umgang mit Betriebsinterna, Unternehmens-Knowhow und personenbezogenen Daten? Der Schutz sensibler Informationen muss auch im Homeoffice gewährleistet sein. Notwendig sind klare Vorgaben und Sicherheitsvorschriften. Das Unternehmen haftet auch dort für den Datenschutz und die IT-Sicherheit. Geschäftsgeheimnisse und betriebliches Know-how erfordern überall „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“, sonst entfällt der gesetzliche Schutz.
  • Wo ist der Arbeitsort? Anders als ein Telearbeitsplatz zählt das „einfache“ Homeoffice nicht als Arbeitsstätte. Die Vereinbarung zum Homeoffice sollte den konkreten Arbeitsort nennen.
  • Welche Arbeitszeiten gelten im Homeoffice, und wie werden sie erfasst? Wenn Arbeit und Privatleben räumlich beieinanderliegen, kann die Grenze dazwischen verschwimmen. Die Arbeitszeiten sind aber auch im Homeoffice gesetzlich begrenzt. Umgekehrt hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass der Mitarbeiter die gesamte Arbeitszeit mit Arbeit füllt, ohne zwischendurch abzuwaschen oder einzukaufen. In diesem Punkt können genaue Regelungen zur Arbeitszeiterfassung helfen.
  • Was gilt für die Arbeitssicherheit? Auch im Homeoffice gelten die Vorschriften zum Arbeitsschutz. Deshalb muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, wenn ein Telearbeitsplatz eingerichtet wird. Dafür benötigt er ein Zutrittsrecht.

Homeoffice: Tipps für Arbeitnehmer

  • Ein Unfall während der Arbeit im Homeoffice zählt als Arbeitsunfall. Die Berufsgenossenschaft muss die Behandlungs- und Reha-Kosten übernehmen. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts sogar für einen „Wegeunfall“ auf dem Weg zum häuslichen Schreibtisch (BSG, 08.12.2021 – B 2 U 4/21 R).
  • Homeoffice bedeutet nicht, dass Sie rund um die Uhr zur Verfügung stehen müssen. Auch dort sind Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich ausgeschlossen, die Arbeitszeiten begrenzt und Pausen vorgeschrieben.
  • Wenn Sie eigene Geräte nutzen, z. B. Ihren privaten Laptop, dann sollte das mit dem Arbeitgeber nachweislich abgesprochen sein.
  • Ihr Chef kann Ihnen für die Nutzung ihrer Räumlichkeiten und der damit verbunden Kosten einen steuerfreien Ausgleich zahlen. Alternativ können Sie bis zu 1.250 Euro im Jahr an Aufwendungen für den häuslichen Arbeitsplatz als Werbungskosten ansetzen, wenn Ihnen im Betrieb kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein echtes häusliches Arbeitszimmer ermöglicht den vollen Abzug der Aufwendungen. Ansonsten galt 2020 und 2021 die Homeoffice-Pauschale in Höhe von 5 Euro, die pro Arbeitstag absetzbar waren.

Homeoffice: Das sollten Arbeitgeber wissen

  • Es ist auch im Arbeitgeberinteresse, dass die Arbeit im Homeoffice das Privatleben nicht überwuchert. Die strikte Vorgabe zum Erfassen aller Arbeitszeiten beugt zudem Disziplinlosigkeiten und schleichenden Arbeitszeitbetrug vor.
  • Wenn Arbeitgeber die Betriebsstätte verlagern, können Sie dies mit einer Änderungskündigung durchsetzen. Sie sind nicht verpflichtet, als milderes Mittel Homeoffice am alten Wohn- bzw. Standort anzubieten. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden (LAG Berlin, 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20).
  • Wenn das Arbeiten zu Hause nicht funktioniert, ermöglicht eine Widerrufsklausel der Vereinbarung Auswege. Sie sollte aufgrund der AGB-Kontrolle eine angemessene Frist vorsehen, für beide Seiten gelten und an bestimmte, nachvollziehbare Gründe gebunden sein.
  • Wenn ein Betriebsrat existiert, hat er bei der Beendigung einer Telearbeitsvereinbarung ein Mitbestimmungsrecht. (LAG Düsseldorf, 10.09.2014 – 12 Sa 505/14, LAG Köln, 14.08.2020 – 9 TaBV 11/20).

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Fabian Symann

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