Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsberechtigte
Der Pflichtteilsanspruch von Angehörigen und Ehepartnern steht im Erbrecht oft im Fokus: viele Erbfälle sind von Konflikten um den Pflichtteil geprägt. Der Münchner Rechtsanwalt Fabian Symann, LL.M. ist Fachanwalt für Erbrecht, zertifizierter Testamentsvollstrecker der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) und Fachmann für schwierige Erbschaftsfälle. Er erläutert, wer einen Pflichtteil erhält und wie seine Höhe bestimmt wird.
Der Pflichtteil: Ehepartner und bestimmte Angehörige erhalten in (fast) jedem Fall etwas vom Nachlass
Grundsätzlich bestimmt ein Testament oder Erbvertrag zwar, wer Vermögen erbt und wer nicht. Trotzdem können bestimmte Personen nicht einfach komplett enterbt werden. Wenn sie zu den Pflichtteilsberechtigten gehören, können sie selbst bei Enterbung auf der Auszahlung ihres Pflichtteils bestehen – egal, was das Testament sagt.
Das Pflichtteilsrecht lässt sich etwas verkürzt so zusammenfassen: Personen, die ohne Testament gesetzliche Erben wären, erhalten grundsätzlich etwas vom Wert des Nachlasses. Das gilt auch dann, wenn sie im Testament oder Erbvertrag nicht erwähnt werden oder ausdrücklich nichts erhalten sollen. Das Pflichtteilsrecht haben Ehepartner und bestimmte nahe Angehörige, es gibt davon nur wenige Ausnahmen.
Das Erbrecht rund um den Pflichtteil ist komplex und einzelfallabhängig. Von Fachanwalt Symann erhalten Sie eine praxisorientierte Rechtsberatung zum optimalen Vorgehen.
Höhe des Pflichtteils: die Hälfte dessen, was man bei gesetzlicher Erbfolge bekommen hätte
Der Pflichtteil entspricht stets dem halben Wert des Erbteils, der einem bei gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte, d. h., wenn es kein Testament oder keinen Erbvertrag geben würde.
Die Erbrechte und Erbquote, die ohne Testament oder Erbvertrag gelten, sind im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 1924 bis 1936 BGB festgelegt. Deshalb spricht man von gesetzlicher Erbfolge. Sie umfasst das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners und das gesetzliche Erbrecht bestimmter Verwandter wie Kinder, Enkel oder Eltern. Welche Angehörigen zu den gesetzlichen Erben gehören, und mit welcher Erbquote, hängt von der konkreten Familienkonstellation ab.
Damit ist auch die Frage, wer einen Pflichtteilsanspruch in welcher Höhe hat, stets vom konkreten Fall abhängig, etwa davon, ob es Kinder oder Enkel gibt, ob der oder die Verstorbene verheiratet war und die Eltern noch leben.
Das Pflichtteilsrecht greift auch dann, wenn ein pflichtteilsberechtigter Erbe im Testament mit weniger bedacht wurde, als seinem Pflichtteil entspricht. In diesem Fall muss der Erbteil durch den Zusatzpflichtteil (§ 2305 BGB) bis zum Wert des individuellen Pflichtteils aufgestockt werden.
Das Pflichtteilsrecht wird häufig übersehen: Erblasser verfassen ein Testament, ohne darauf zu achten. Berechtigte versäumen die Durchsetzung ihres Pflichtteils. Beides kann Fachanwalt Symann verhindern.
Wer hat Rechtsanspruch auf einen Pflichtteil am Nachlass?
Die gesetzliche Grundlage für den Pflichtteilsanspruch ergeben sich aus § 2303 und § 2309 BGB.
- Ehepartner: der Ehemann oder die Ehefrau haben bei Enterbung Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn die Ehepartnerin oder der Ehepartner verstirbt. Zusätzlich kann je nach Güterstand ein Zugewinnausgleich fällig werden. Voraussetzung: die Scheidung war nicht beantragt (siehe unten).
Der Pflichtteil kann abhängig von der familiären Konstellation zwischen einem Achtel und der Hälfte des Nachlasswerts variieren. Entscheidend ist die Frage, ob es Kinder oder Enkel gibt und ob zumindest ein Elternteil des Verstorbenen noch lebt. Wichtig für die Höhe des Ansprüche ist auch, welcher Güterstand für die Ehe galt. - Abkömmlinge – Kinder, Enkel und Urenkel: die Kinder des oder der Verstorbenen haben als gesetzliche Erben erster Ordnung einen Pflichtteilsanspruch. Dies schließt nichteheliche Kinder und Adoptivkinder ein. Ist ein Kind beim Tod des Erblassers nicht mehr am Leben und hat eigene Kinder (Enkel) hinterlassen, treten diese an seine Stelle. Ist beim Erbfall sowohl das Kind als auch ein Enkel verstorben, geht der Anspruch auf die Urenkel über.
Der Pflichtteil entspricht auch hier der Hälfte des gesetzlichen Erbrechts, er kann je nach Konstellation im Wert zwischen der Hälfte des Vermögens und einem kleinen Bruchteil davon liegen. - Eltern: Überlebende Elternteile sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn keine Abkömmlinge – Kinder oder Enkel des Verstorbenen – leben. Ihr Pflichtteil kann zwischen einem Viertel und der Hälfte des Nachlasswerts ausmachen.
- Andere Verwandte wie Geschwister, Großeltern, Onkel und Tanten sowie Nichten und Neffen haben kein Recht auf einen Pflichtteil.
Die Berechnung der genauen Höhe des Pflichtteils ist oft kompliziert. Die Erbrechtskanzlei Symann ist auf dieses Rechtsgebiet spezialisiert und stellt sicher, dass Ihr Anspruch genau festgestellt wird.
Wann geht der Pflichtteilsanspruch verloren?
- Wer einen förmlichen Pflichtteilsverzicht unterzeichnet, hat keine Ansprüche auf seinen Pflichtteil mehr – das ist ja gerade Inhalt dieser Erklärung. Sie ist nur wirksam, wenn sie von einem Notar beurkundet wird. Meistens erfolgt der Pflichtteilsverzicht gegen eine Abfindung, das ist aber keine rechtliche Voraussetzung. Gelegentlich erklären Berechtigte einen Verzicht, weil sie sich vom Erblasser distanzieren wollen. Sehr viel häufiger ist der einvernehmliche Pflichtteilsverzicht als Teil eines Erbvertrags, der zu Lebzeiten des Erblassers geschlossen wird und bestimmte erbrechtliche Gestaltungen ermöglicht.
- Bei schweren Verfehlungen eines Pflichtteilsberechtigten kann ihm der Pflichtteil entzogen werden. Dieser Möglichkeit setzen § 2333 BGB und die Rechtsprechung allerdings enge Grenzen. Der oder die Betreffende muss gegen den Erblasser oder seine nahen Angehörigen erhebliche Straftaten begangen, ihnen nach dem Leben getrachtet haben oder wegen anderer Straftaten zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung von mindestens einem Jahr verurteilt worden sein. In der Praxis kommt der Pflichtteilsentzug damit nur bei strafrechtlich relevantem Verhalten in Betracht.
- Die Pflichtteilsrechte gehen verloren, wenn der oder die Betreffende nicht mehr in der ursprünglichen Beziehung zum Erblasser steht. Wenn ein Kind adoptiert wird, verliert es seine Pflichtteilsansprüche gegenüber den leiblichen Eltern und sonstigen leiblichen Angehörigen. Wer sich im Erwachsenenalter adoptieren lässt, behält dagegen die Pflichtteilsansprüche gegenüber den leiblichen Eltern, und kann auch vom Nachlass des Adoptivvaters oder der Adoptivmutter den Pflichtteil einfordern.
- Auch nach einer Scheidung kann der ehemalige Ehepartner keinen Pflichtteil mehr einfordern. Wenn die Voraussetzungen für eine Scheidung zum Todeszeitpunkt vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat, kann der oder die überlebende Ex den Pflichtteil ebenfalls nicht mehr beanspruchen. Scheidungsvoraussetzung ist in der Regel, aber nicht in allen Fällen, eine einjährige Trennungsfrist (Trennungsjahr).
Benötigen Sie eine verständliche und sachkundige Einschätzung zum Pflichtteilsanspruchs In Ihrem Fall? Die Münchner Erbrechtskanzlei Symann hilft Ihnen weiter.
Besonderheiten beim Pflichtteil von Ehegatten
Der Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehepartners besteht unabhängig davon, ob es Kinder, Enkel oder noch lebende Eltern mit gesetzlicher Erbberechtigung gibt. Das gilt allerdings nicht für seine Höhe. Neben den Angehörigen entscheidet auch der Güterstand der Ehe über die Ansprüche des überlebenden Ehepartners.
- Hatte der oder die Verstorbene keine erbberechtigten Verwandten, dann entspricht der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners dem halben Nachlasswert.
- Wenn der Verstorbene Kinder, Enkel oder Urenkel hat, beträgt der Pflichtteil des Ehepartners grundsätzlich ein Viertel des Werts des Nachlasses.
- Bei Gütertrennung und einem oder zwei erbberechtigten Kindern haben die überlebende Ehefrau oder der Ehemann als Pflichtteil allerdings nur Anspruch auf ein Sechstel des Nachlasswerts.
- Hinterließ der oder die Verstorbene zwar keine Kinder oder Enkel, lebt dafür aber noch mindestens ein Elternteil, so beträgt der Pflichtteil des Ehepartners drei Achtel vom Nachlasswert.
- Eine weitere Besonderheit beim Pflichtteilsrecht von Eheleuten ist die Wahl zwischen dem „kleinen Pflichtteil“ und dem „großen Pflichtteil“, falls die Ehe eine Zugewinngemeinschaft war. Beim großen Pflichtteil wird der Anspruch auf Zugewinnausgleich pauschal mit einem Viertel vom Nachlasswert abgegolten. Dieses Viertel wird zum sonstigen Pflichtteil dazu addiert. Beim kleinen Pflichtteil wird der Zugewinn an Vermögen der beiden Eheleute während der Ehe genau festgestellt und der so berechnete Ausgleichsbetrag auf den Pflichtteil aufgeschlagen. Je nach Entwicklung der Einkünfte der beiden Ehepartner kann der kleine Pflichtteil trotz dieser Bezeichnung höher ausfallen als der große Pflichtteil.
Gerade für überlebende Ehepartner ist es oft schwierig, den Pflichtteilsanspruch genau zu bestimmen. Berechnung und Durchsetzung gehören in die Hände eines Fachanwalts wie Fabian Symann, LL.M.
Pflichtteilklauseln als Teil der Nachlassregelung
Enterbung oder Erb- und Pflichtteilsverzicht können auch systematischer Teil einer Nachlassgestaltung sein. Einige Beispiele:
- Im Berliner Testament von Eheleuten wird oft die Enterbung der Kinder oder Enkel festgelegt, falls diese beim Tod des ersten Ehepartners ihren Pflichtteil einfordern. In diesem Fall verlieren sie die Stellung als Schlusserben nach dem Tod des zweiten Ehepartners.
- Verzichtet der überschuldete Sohn auf seine Erb- und Pflichtteilsrechte, wird sichergestellt, dass seine Gläubiger keinen Zugriff auf den Nachlass erhalten. Der Anteil des Sohnes kann stattdessen seinen Geschwistern zugutekommen.
- Der Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsansprüche kann außerdem die Übergabe von Vermögen wie einem Familienunternehmen in geeignete Hände absichern. Durch den Verzicht kann niemand den Erben zur Auszahlung des Pflichtteils und so möglicherweise zum Notverkauf des Betriebs zwingen.
Sie wollen als Erblasser Ihr Vermögen nach eigenen Vorstellungen weitergeben? Fachanwalt Symann, LL.M. berät Sie zur optimalen Gestaltung unter Berücksichtigung aller Pflichtteilsansprüche.
Pflichtteil: Forderung in bar gegen die Erben
Das Pflichtteilsrecht erstreckt sich nicht auf den Nachlass direkt, sondern auf die Auszahlung eines Betrags in der betreffenden Höhe. Der enterbte, aber pflichtteilsberechtigte Sohn, dessen Schwester als Alleinerbin ein Wohnhaus erbt, hat dort weder ein Wohnrecht noch Anspruch auf Beteiligung an Mieteinnahmen oder dem Verkaufserlös.
Er kann aber fordern, dass der Wert des Hauses festgestellt wird und ihm von der Schwester der Geldbetrag ausgezahlt wird, der seiner Pflichtteilsquote entspricht. Ohne weitere Erben wäre das ein Viertel des Immobilienwerts als Barbetrag.
Der Pflichtteil kann weitervererbt werden: der enterbte Sohn kann seinen Pflichtteilanspruch gegen den verstorbenen Vater im Fall des eigenen Todes seiner Ehefrau hinterlassen.
Wie hoch ist die Pflichtteilsquote, und wie hoch der Nachlasswert? Fachanwalt Symann hilft Ihnen, diese Fragen verlässlich zu klären und Ihre Rechte durchzusetzen.