Auskunftsanspruch, Ausgleich, Anrechnung, Ergänzung und Beschränkung
Grund für Streitigkeiten rund um den Pflichtteil sind oft die Bewertung des Nachlasses und die Informationen, die Pflichtteilsberechtigten von den Erben einfordern. Ein weiterer Klassiker sind Ergänzungs- und Ausgleichsforderungen für Schenkungen zu Lebzeiten. Die Münchner Erbrechtskanzlei Symann berät Pflichtteilsberechtigte wie Erben und kennt die Perspektive beider Seiten. Fabian Symann, LL.M. ist Fachanwalt für Erbrecht und kennt die Rechtslage rund um Pflichtteilsrechte, Ergänzungsansprüche sowie Möglichkeiten zur Pflichtteilsbeschränkung.
Streit um die Durchsetzung und die Beschränkung des Erbteils
Eigentlich sind die grundlegenden Regeln zum Pflichtteil und zu Pflichtteilsberechtigten im deutschen Erbrecht nicht allzu kompliziert: Wenn Ehepartner und nahe Angehörige im Testament nicht bedacht beziehungsweise enterbt wurden, können sie von den Erben die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils fordern, als Geldzahlung aus dem Nachlass.
In der Praxis können Pflichtteilsfragen allerdings sehr komplex werden. Das gilt zum Beispiel dann, wenn Erblasser das Erbe und damit den Pflichtteil durch Schenkungen zu Lebzeiten reduziert haben und enterbte Angehörige oder Ehepartner auf der Ergänzung ihrer Pflichtteilsansprüche bestehen.
In solchen Situationen hilft ein spezialisierter Anwalt weiter. Fabian Symann, LL.M. ist Fachanwalt für Erbrecht. Praxisnahe Beratung zu komplizierten Pflichtteilsfragen ist einer seiner Schwerpunkte.
Wie groß ist der Nachlass? Pflichtteilsberechtigte können Auskunft verlangen, aber keine Belege
Die Höhe des Pflichtteils hängt vom Wert des Nachlasses ab. Diesen Wert kennen Pflichtteilsberechtigte in der Regel nicht. Deshalb gibt das Bürgerliche Gesetzbuch ihnen das Recht auf Informationen. Die Erben müssen ihnen mitteilen, was alles zum Nachlass gehört und wie viel jeder Bestandteil davon wert ist. (§ 2314 BGB).
In der Regel wird dazu ein Nachlassverzeichnisses angefertigt. Darin sind alle Vermögensgegenstände und -positionen mit ihrem Wert aufführt, ebenso die Nachlassverbindlichkeiten. Pflichtteilsberechtigte können verlangen, dass dieses Nachlassverzeichnis durch einen Notar erstellt wird. Die Kosten gehen zu Lasten des Nachlasses.
Wenn es um den Auskunftsanspruch Streit gibt, dreht er sich häufig um Forderungen nach Einsicht in Belege: Die Pflichtteilsberechtigten verlangen, dass die Erben ihnen oder ihrem Rechtsanwalt Vollmachtserklärungen, Abrechnungen und Kontoauszüge offenlegen. Darauf haben sie allerdings keinen allgemeinen Anspruch. Das hat das Bayerische Oberlandesgericht bestätigt (OLG München 23.08.2021 – 33 U 325/21). Ein Einsichtsrecht besteht nur in bestimmten Fällen: dann, wenn der Wert eines Unternehmens, das zum Nachlass gehört, in erster Linie durch Bilanzen und ähnliche Unterlagen bestimmt werden kann, sowie bei anderen Nachlassobjekten von ungewissem Wert.
Sind Sie pflichtteils- und damit auskunftsberechtigt? Oder sind Sie Erbe und mit dem Auskunftsverlangen konfrontiert? Fachanwalt Symann unterstützt Sie in beiden Fällen.
Ist es sinnvoll, die Einsicht freiwillig zu ermöglichen?
Auch ohne rechtliche Pflicht ist es für die Erben in manchen Fällen sinnvoll, den Pflichtteilsberechtigten Dokumente wie Verträge oder Kontoauszüge vorzulegen. Die freiwillig gewährte Einsicht kann Misstrauen zerstreuen, Konflikte im Keim entschärfen und Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Solche Transparenz kann Pflichtteilsberechtigte beispielsweise davon überzeugen, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis überflüssig ist. Dessen Kosten müssen aus der Erbmasse bezahlt werden.
Natürlich ist es stets vom Einzelfall abhängig, ob aus Erbenperspektive volle Transparenz die beste Strategie ist. Entscheidend dafür sind auch die Emotionen und persönlichen Ziele der Beteiligten.
Die erbrechtlichen Beratung dreht sich nicht allein um juristische Fakten. Sie muss auch die subjektiven Emotionen und Ziele der verschiedenen Seiten berücksichtigen. Deshalb benötigt ein Fachanwalt für Erbrecht Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis.
„Fiktives Nachlassvermögen“: Auskunft zu Schenkungen des Erblassers
Der Auskunftsanspruch umfasst auch den fiktiven Nachlass. So bezeichnet man Vermögen, das nicht direkt hinterlassen wurde, aber die Pflichtteilsansprüche erhöht. In erster Linie geht es dabei um Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten.
Hat der Verstorbene zu Lebzeiten Teile seines Vermögens verschenkt und damit den Nachlass verringert? Dann müssen die Erben den Nachlassberechtigten auch darüber Auskunft erteilen. Besonders relevant sind Schenkungen der letzten zehn Jahre, denn bis zu diesem Zeitpunkt entstehen generell Ausgleichsansprüche. Früher erfolgte Schenkungen können jedoch ebenfalls relevant sein. Sie zählen zum fiktiven Nachlassvermögen, wenn ein Ehepartner beschenkt wurde, oder wenn der Erblasser das verschenkte Vermögen weiterhin selbst voll genutzt hat, zum Beispiel durch Nießbrauch einer Wohnung. Für Pflichtteilsberechtigte ist es wichtig, auch über solche lange zurückliegende Schenkungen informiert zu werden.
Im Erbrecht entscheiden Details. Vertrauen Sie auf einen Rechtsanwalt, der Fachkenntnis und Erfahrung verbindet. Die Münchener Erbrechtskanzlei Symann steht für Kompetenz.
Die Anrechnung von Schenkungen auf den Pflichtteil
Dass mögliche Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten genau erfasst werden, liegt auch im Interesse der Erben. Wurde der oder die Beschenkte im Testament enterbt und fordert nun den Pflichtteil, wird der Wert der Schenkung möglicherweise auf den Pflichtteilsanspruch angerechnet. Die Erben müssen damit entsprechend weniger auszahlen.
Ob die Schenkung angerechnet werden muss, hängt davon ab, was der Erblasser zum damaligen Zeitpunkt festgelegt hat (§ 2315 BGB). Wurde die Schenkung ausdrücklich „mit der Bestimmung zugewendet“, dass sie auf den Pflichtteil anzurechnen ist, dann verringert sie den Anspruch auf Auszahlung des Pflichtteils.
Entscheidend für die Anrechnung ist grundsätzlich der Wert zum Schenkungszeitpunkt. Anders als bei Ausgleichsansprüchen ist für die Anrechnung von Schenkungen, die Pflichtteilsberechtigte selbst erhalten haben, der Zeitpunkt gleichgültig. Eine im Schenkungsvertrag festgelegte Anrechnung erfolgt auch noch viele Jahre nach dem Schenkungszeitpunkt. Nachträglich, das heißt nach erfolgter Schenkung, kann der Erblasser die Anrechnung jedoch nicht mehr vorschreiben.
Gibt es dagegen keinen Nachweis dafür, dass der Erblassers die Schenkung auf den Pflichtteil angerechnet sehen wollte, bleibt der Pflichtteilsanspruch in vollem Umfang bestehen. Das gilt unabhängig davon, wie viel an Wert damals verschenkt wurde.
Lebzeitige Schenkungen unter Anrechnung auf den Pflichtteil sind ein wichtiges Mittel zur Nachlassgestaltung. So lässt sich verhindern, dass die gewünschte Verteilung des verbleibenden Vermögens an Pflichtteilsansprüchen scheitert.
Der Pflichtteilergänzungsanspruch
Das Gegenstück zur Anrechnung sind Ergänzungsansprüche: Vermögen, das der Erblasser zu Lebzeiten an Erben oder Dritte verschenkt hat, zählt bei der Berechnung des Pflichtteils dazu. Ein Pflichtteilsberechtigter kann darauf bestehen, dass ein vom Erblasser vor seinem Tod verschenktes Grundstück dem Nachlasswert zugeschlagen wird und so seinen Pflichtteil erhöht. Allerdings hat der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB Voraussetzungen:
- Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs richtet sich nach einem sogenannten Abschmelzmodell. Der Schenkungswert wird in der Regel nur dann voll berücksichtigt, wenn die Schenkung beim Erbfall weniger als ein Jahr zurückliegt.
- Für jedes volle Jahr, das zwischen Schenkung und Erbfall vergangen ist, wird ein Zehntel des Schenkungswerts abgezogen. Nach fünf Jahren werden nur noch 50 Prozent als Pflichtteilergänzungsanspruch berücksichtigt, nach zehn Jahren nichts mehr.
- Eine wichtige Ausnahme vom Abschmelzmodell gilt bei Schenkungen an Ehepartner: bei ihnen wird der volle Schenkungswert berücksichtigt. Eine Ausnahme von der Ausnahme gilt bei späterer Scheidung: dann beginnt die zehnjährige Abschmelzfrist mit dem Scheidungszeitpunkt.
- Eine weitere wichtige Ausnahme betrifft Schenkungen, bei denen der Erblasser das verschenkte Vermögen weiter selbst nutzt. Ein typisches Beispiel ist der Nießbrauch verschenkter Immobilien. Eine solche Schenkung führt grundsätzlich auch dann zu Ergänzungsansprüchen, wenn die Schenkung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers mehr als zehn Jahre zurückliegt. Dabei kommt es allerdings auf die genaue Formulierung an (z. B. BGH, 29.12.2016 – BGH IV ZR 474/15).
Entscheidend für die Bestimmung des Pflichtteilergänzungsanspruchs ist der Wert des verschenkten Vermögens zum Zeitpunkt des Erbfalls, außer wenn dieser Wert zum Zeitpunkt der Schenkung niedriger lag. Das nennt man Mindestwertprinzip. Bei „verbrauchbaren Sachen“, zu denen neben Lagervorräten und Lebensmitteln auch Kontenbestände oder Wertpapierdepots gehören, ist immer der Wert zum Schenkungszeitpunkt ausschlaggebend.
Wie die Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung berechnet werden, ist detail- und einzelfallabhängig. Diese Frage gehört in die Hände eines Fachanwalts für Erbrecht.
Ausgleichung und Pflichtteil
Wenn Abkömmlinge, das heißt Kinder, Enkel und Urenkel, nach gesetzlicher Erbfolge erben, müssen bestimmte Leistungen, die nur ein Erbe erhalten hat, ausgeglichen werden. Diese Ausgleichung spielt auch für enterbte, aber pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge eine Rolle: die Höhe ihres Pflichtteils kann ebenfalls durch Ausgleichung wachsen oder schrumpfen. Diese oft ignorierte Regel ergibt sich aus § 2316 BGB in Verbindung mit § 2050 BGB.
- Ausgleichspflichtig ist zum Beispiel die sogenannte Ausstattung, die in § 1624 BGB definiert ist. Haben Eltern einem Kind zur Hochzeit oder bei dessen Start in ein selbstständiges Leben unter die Arme gegriffen, haben sie zum Beispiel die Feier, eine Wohnung, ein Fahrzeug oder einen Unternehmensanteil finanziert? Dann verringert dies den späteren Auszahlungsanspruch, wenn das Kind enterbt wurde und seine Geschwister keine entsprechende Zuwendung erhalten haben.
- Umgekehrt muss die Leistung durch einen höheren Pflichtteil berücksichtigt werden, wenn nur der als Erbe eingesetzte Bruder mit Ausstattung bedacht wurde, die enterbte Schwester jedoch nicht.
- Die Pflicht zur Ausgleichung gilt auch für Zuschüsse zum Lebensunterhalt oder zur Ausbildung, wenn sie gemessen an den Vermögensverhältnissen des Erblassers besonders großzügig waren.
- Auszugleichen sind auch positive Leistungen von Erben oder Pflichtteilsberechtigten für den Erblasser. Das umfasst zum Beispiel längerfristige „Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers“ ohne entsprechende Bezahlung, oder frühere Zahlungen an ihn. Derartige Leistungen können den Pflichtteil verringern, wenn sie von einem Erben erbracht wurden. Hat der oder die Pflichtteilsberechtigte den Erblasser so unterstützt und wurde trotzdem enterbt, muss der Pflichtteil entsprechend höher ausfallen.
Bei Ausgleichungsansprüchen lässt das Gesetz einigen Spielraum. Als Fachanwalt für Erbrecht weiß Fabian Symann, LL.M., wie Gerichte in solchen Fragen entscheiden.
Strategien zur Beschränkung des Pflichtteils
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um den Pflichtteil so gering wie möglich zu halten. Ihre Wirksamkeit hängt in allen Fällen von der erbrechtlichen Gesamtsituation ab.
- Den Pflichtteil komplett entziehen können Erblasser nur unter eng begrenzten Voraussetzungen. Dafür muss der oder die Betreffende dem Erblasser oder seinen Angehörigen nach dem Leben getrachtet oder erhebliche Straftaten begangen haben. In der Praxis besteht diese Möglichkeit deshalb nur selten.
- Ist eine einvernehmliche Lösung möglich? Dann können Erblasser und Pflichtteilsberechtigter einen notariellen Vertrag aufsetzen, in dem letzterer auf seine Pflichtteilsrechte verzichtet. Gegenleistung ist in der Regel eine Abfindung.
- Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dem Pflichtteilsberechtigten zu Lebzeiten eine Schenkung zukommen zu lassen und gleichzeitig die Anrechnung auf den Pflichtteil zu verfügen. Das läuft in der Praxis auf eine Art „Auszahlung des Pflichtteils“ zu Lebzeiten hinaus.
- Durch Schenkungen kann der Pflichtteil ebenfalls verringert werden. Soll der Sohn nur einen möglichst geringen Pflichtteil erhalten und die Tochter erben, kann der Vater ihr sein Vermögens schon zu Lebzeiten schenken. Allerdings wird die Schenkung erst nach zehn Jahren nicht mehr auf den Pflichtteil angerechnet.
Erbrechtliche Lösungen müssen individuell passen. Fachanwalt Symann nimmt sich Zeit zum Erfassen Ihrer Wünsche und ihre erbrechtliche Umsetzung.