Die Übergabe von Immobilien zu Lebzeiten ist ein viel diskutiertes Thema im Erbrecht. Eine besondere Form dieser Übergabe ist die „gemischte Schenkung“. Hierbei geht es darum, wie Immobilien unter bestimmten Bedingungen und Gegenleistungen den Besitzer wechseln können. In diesem Artikel beleuchten wir die verschiedenen Möglichkeiten, wie Leibrente, dauernde Last und Abstandszahlung, und erklären, was unbedingt ins Grundbuch gehört. Zudem zeigen wir Gestaltungsräume auf und erklären steuerliche Vorteile. Relevant sind hierbei verschiedene Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).
Die gemischte Schenkung: Eine Definition
Bei einer gemischten Schenkung handelt es sich im Wesentlichen um eine Zuwendung, die teilweise unentgeltlich und teilweise entgeltlich erfolgt. Im Gegensatz zur reinen Schenkung treten hier zusätzliche Verpflichtungen für den Begünstigten auf.
Möglichkeiten der Gegenleistungen
1. Leibrente
Eine oft genutzte Form der Gegenleistung bei der Immobilienübergabe zu Lebzeiten ist die Vereinbarung einer Leibrente (§ 759 BGB). Die Leibrente garantiert dem Schenker eine regelmäßige Zahlung, entweder lebenslang oder für eine zuvor festgelegte Dauer. Im Grundbuch wird in diesem Fall ein entsprechendes Wohn- oder Nutzungsrecht eingetragen, das die fortlaufenden Zahlungen sichert.
Beispiel: Ein Vater überträgt seinem Sohn ein Haus und erhält im Gegenzug eine monatliche Leibrente von 500 Euro. Diese Leibrente kann flexibel gestaltet werden, eventuell auch angepasst an Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse.
2. Dauernde Last
Ähnlich der Leibrente wirkt die dauernde Last (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG), die dem Schenker eine regelmäßige Zahlung oder eine Sachleistung sichert. Unterschied zur Leibrente ist, dass dauernde Lasten meist nicht auf Lebenszeit, sondern bis zur vollständigen Erbringung einer bestimmten Leistung vereinbart werden.
Beispiel: Der Eigentümer eines Mietshauses überträgt dieses auf seine Tochter gegen eine dauernde Last, die in der Übernahme bestimmter Pflegeleistungen besteht, wie zum Beispiel das Bezahlen von Krankenversicherungsbeiträgen.
3. Abstandszahlung
Eine Abstandszahlung ist eine einmalige Zahlung als Gegenleistung für die Immobilienübergabe (§ 311b BGB). Sie ist eine flexible Alternative, da sie keine langfristigen Verpflichtungen mit sich bringt.
Beispiel: Eine Schwester überträgt ihr Ferienhaus an ihren Bruder, der im Gegenzug eine Abstandszahlung in Höhe von 50.000 Euro leistet.
Weitere Beispiele für Abstandszahlungen
Abstandszahlungen sind eine flexible Art der Gegenleistung bei der Übertragung von Vermögenswerten wie Immobilien. Sie stellen eine einmalige Geldzahlung dar, die in vielen unterschiedlichen Szenarien angewendet werden kann. Hier sind einige weitere Beispiele, wie Abstandszahlungen genutzt werden können:
- Eigentumswohnung zur Altersabsicherung: Ein Ehepaar besitzt eine Eigentumswohnung, die es an die Tochter unter der Bedingung überträgt, dass diese eine Abstandszahlung von 80.000 Euro leistet. Das Ehepaar nutzt diese Geldmittel zur Aufbesserung seiner Altersvorsorge.
- Ferienhausverkauf unter Familienmitgliedern: Ein Großvater besitzt ein Ferienhaus, das er seinem Enkel übertragen möchte. Der Enkel stimmt einer Abstandszahlung von 30.000 Euro zu, die der Großvater verwendet, um für eine langfristige Pflegeversicherung zu bezahlen.
- Zweitimmobilie für Studienfinanzierung: Eine alleinerziehende Mutter überträgt ihre Zweitimmobilie an ihren Sohn, der im Gegenzug eine Abstandszahlung von 25.000 Euro leistet. Dieser Betrag dient dazu, die zukünftigen Studiengebühren des Sohnes zu finanzieren.
- Landwirtschaftliches Grundstück: Ein Landwirt überträgt einen Teil seines Grundstücks an seine Nichte, die eine Abstandszahlung von 50.000 Euro leistet. Der Landwirt verwendet das Geld, um neue Ausrüstung für seinen Betrieb zu erwerben.
- Stadtwohnung für berufliche Neuorientierung: Ein Familienvater plant, wegen eines neuen Jobs in eine andere Stadt zu ziehen und überträgt seine bisherige Wohnung an seinen Bruder. Der Bruder zahlt eine Abstandszahlung von 70.000 Euro, die zur Finanzierung des Umzugs und der Neuanschaffung einer Wohnung in der neuen Stadt verwendet wird.
In all diesen Beispielen bietet die Abstandszahlung eine sofortige finanzielle Mittelbereitstellung, welche dem ursprünglichen Eigentümer größere finanzielle Freiheiten ermöglicht, sei es für Altersvorsorge, Investitionen oder persönliche Veränderungen und Umzüge.
Abstandszahlungen im Gewerbeimmobilienbereich
Abstandszahlungen können auch im Gewerbeimmobilienbereich eine strategische Rolle spielen, insbesondere wenn es um die Übergabe von Geschäftsräumen oder Anlagen zwischen Unternehmern geht. Ein Beispiel für eine solche Anwendung könnte wie folgt aussehen:
Übertragung einer Produktionshalle
Ein Familienunternehmen, das seit Jahren eine Produktionshalle betreibt, plant, sich zu verkleinern und einen Teil seiner Geschäftstätigkeit auszulagern. Der Sohn der Eigentümerfamilie, der ein eigenes Start-up in der Fertigungsindustrie gegründet hat, ist daran interessiert, die Halle zu übernehmen.
Im Zuge der Übertragung der Produktionshalle einigt sich die Familie auf eine Abstandszahlung in Höhe von 200.000 Euro. Diese Summe dient mehreren Zwecken:
- Finanzierung der Neuausrichtung: Die Eltern verwenden die Abstandszahlung, um ihre Geschäftstätigkeit zu modernisieren und die verbleibende Produktion effizienter zu gestalten.
- Liquiditätssicherung: Ein Teil des Betrags wird für die Sicherstellung der unternehmerischen Liquidität genutzt, die durch die Auslagerung entstanden ist.
- Seniorenmanagement: Die Übergabe der Halle ist Teil eines schrittweisen Übergangs der Geschäftsleitung an die nächste Generation. Der Erlös aus der Abstandszahlung fließt in Beratungs- und Coachingmaßnahmen, welche die reibungslose Übergabe und die Integration neuer Geschäftsfelder unterstützen.
- Berücksichtigung bestehender Investitionen: Die Produktionshalle ist mit modernen Maschinen ausgestattet, deren Wert durch die Abstandszahlung teilweise ausgeglichen wird, ohne dass weitere familieninterne Finanztransaktionen nötig werden.
Solche Vereinbarungen ermöglichen es Unternehmern, ihre Geschäftsressourcen strategisch zu nutzen und dabei sowohl familiäre als auch geschäftliche Interessen zu berücksichtigen. Die Abstandszahlung zeigt sich als praktisches Instrument zur sofortigen Bereitstellung von Kapital, das für den Übergang und die Entwicklung von neuen unternehmerischen Wegen eingesetzt werden kann.
Eintragung ins Grundbuch
Für die Rechtswirksamkeit einer solchen Schenkung ist es entscheidend, welche Rechte und Pflichten im Grundbuch eingetragen werden. Hierbei sind vorrangig Dienstbarkeiten (z.B. Wohnrecht gemäß § 1093 BGB) oder Reallasten (§§ 1105ff BGB) zu berücksichtigen. Diese Eintragungen sichern die Gegenleistung und den Anspruch des Schenkers.
Gestaltungsspielräume und steuerliche Vorteile
Die gemischte Schenkung bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um steuerliche Freibeträge optimal auszunutzen. Wesentlich ist hier das Schenkungsteuergesetz (ErbStG), insbesondere § 13, der persönliche Freibeträge festlegt. Die teilweise Entgeltlichkeit einer gemischten Schenkung kann dazu führen, dass der entgeltliche Teil nicht der Schenkungssteuer unterliegt, wodurch erhebliche steuerliche Vorteile entstehen können.
Beispiel: Durch den entgeltlichen Anteil einer Leibrente reduziert sich der Wert der reinen Schenkung, und es ergibt sich ein geringerer Schenkungssteuerwert.
Fazit
Die gemischte Schenkung bietet zahlreiche Möglichkeiten, Immobilien zu Lebzeiten unter bestimmten Gegenleistungen zu übertragen. Durch die geschickte Gestaltung dieser Transaktionen können sowohl rechtliche als auch steuerliche Vorteile erzielt werden. Dabei spielen die Eintragungen im Grundbuch eine zentrale Rolle, um die Rechte aller Parteien zu sichern. Mit den richtigen Kenntnissen über geltende Gesetze und Gestaltungsspielräume ergeben sich attraktive Wege, Vermögenswerte frühzeitig und optimal auf die nächste Generation zu übertragen.