Outplacement-Angebote vom Arbeitgeber: Chance oder Falle?

Outplacement klingt nach Fürsorge – in Wahrheit ist es häufig ein strategischer Hebel in Trennungssituationen. Wer das Angebot klug nutzt, verschafft sich Zeit, Beratung und Marktchancen; wer unvorbereitet unterschreibt, riskiert Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld, unpassende Berater und unklare Leistungen. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie Outplacement professionell für sich einsetzen – vor und nach einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag.

Was Outplacement ist – und warum es in der Trennung verhandelt wird

Outplacement ist eine vom Arbeitgeber finanzierte Karriere- und Bewerbungsberatung zur beruflichen Neuorientierung. Sie reicht von Strategieworkshops, Profil- und Lebenslaufarbeit, Markt- und Gehaltspositionierung, Interviewvorbereitung und Active Sourcing bis zu Executive Search-ähnlichen Leistungen. Arbeitgeber bieten Outplacement, weil es Trennungen befriedet, Imageschäden reduziert und den Übergang beschleunigt. Für Arbeitnehmer ist es dann eine Chance, wenn drei Punkte stimmen: Unabhängigkeit des Beraters, ausreichender Leistungsumfang und rechtssichere Einbettung in die Beendigungsmodalitäten.

Der rechtliche Rahmen: Was Sie parallel im Blick haben müssen

Ein Outplacement-Angebot ändert nichts an den Grundregeln der Vertragsbeendigung. Ein Aufhebungsvertrag benötigt zwingend Schriftform (§623 BGB) und kann nur ausnahmsweise angefochten werden, etwa bei widerrechtlicher Drohung (§123 BGB). Die sozialversicherungsrechtlichen Folgen bleiben bestehen: Wer „mitwirkt“ an der Beendigung, riskiert eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen beim Arbeitslosengeld nach §159 SGB III; wird eine Entlassungsentschädigung gezahlt, kann der Anspruch zudem vorübergehend ruhen (§158 SGB III).

Wer gekündigt wurde, muss sich unverzüglich arbeitssuchend melden (§38 SGB III). Kündigungsfristen sind zu beachten (§622 BGB), ebenso die Möglichkeit einer Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung nach §1a KSchG, die Sperrzeitrisiken reduzieren kann. Zeugnisansprüche beruhen auf §109 GewO; nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nur mit Karenzentschädigung wirksam (§§74 ff. HGB).

In mitbestimmten Betrieben spielen Betriebsrat und – bei größeren Umstrukturierungen – Interessenausgleich/Sozialplan nach §§111 ff. BetrVG eine Rolle; bei Langzeiterkrankung ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (§167 Abs. 2 SGB IX) relevant. Outplacement ersetzt diese Schutzmechanismen nicht – es ergänzt sie.

So wird aus Outplacement ein echter Vorteil

Der Schlüssel liegt in der Gestaltung.

Erstens sollten Sie frei wählen dürfen, mit welchem Outplacement-Berater Sie arbeiten. Ein eng vom Arbeitgeber gesteuerter „Hausberater“, der regelmäßig reportet, ist problematisch. Verlangen Sie eine Auswahlmöglichkeit oder ein Budget, das Sie bei einem anerkannten Anbieter Ihrer Wahl einsetzen können.

Zweitens braucht es klare Leistungsdefinitionen: Umfang in Stunden oder Monaten, Seniorität der Coaches, Verfügbarkeit von Active Sourcing, Interviewtraining, Gehaltsbenchmarking und Zugang zu Netzwerken.

Drittens ist Vertraulichkeit zentral. Vereinbaren Sie ausdrücklich, dass individuelle Inhalte vertraulich sind und keine personenbezogenen Leistungs- oder Verhaltensberichte an den Arbeitgeber gehen. Das ist nicht nur fair, sondern auch datenschutzrechtlich geboten (DSGVO, insbesondere Grundsätze der Zweckbindung und Datenminimierung).

Viertens muss die Einbettung in die Beendigung stimmen. Ein Outplacement-Angebot darf niemals als Druckmittel dienen, sofort einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben oder auf Ansprüche zu verzichten. Gute Praxis ist, Outplacement unabhängig von der Frage der Abfindung und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen zu vereinbaren. Gerade die Einhaltung der Fristen hilft, Sperrzeitrisiken nach §159 SGB III zu reduzieren.

Wird ein Aufhebungsvertrag dennoch gewählt, sollte der betriebliche Anlass neutral und nachvollziehbar dokumentiert werden und das Beendigungsdatum nicht vor die reguläre Kündigungsfrist gelegt werden; parallel kann eine §1a KSchG-nahe Lösung erwogen werden, um sozialversicherungsrechtliche Nachteile abzufedern.

Und schließlich lohnt es sich, Outplacement mit Freistellung zu synchronisieren: Eine bezahlte, unwiderrufliche Freistellung bis zum Ende der Frist, kombiniert mit professionellem Coaching, schafft Zeitfenster für die Suche – klar geregelt, ob Urlaub angerechnet wird (§7 BUrlG), und ob Nebentätigkeit zulässig ist.

Typische Fallstricke – und wie Sie sie vermeiden

Häufig ist das Budget zu klein und die Laufzeit zu kurz. Ein „Lebenslauf-Check und zwei Stunden Interviewtraining“ hilft Senior Professionals wenig. Bestehen Sie auf einem Paket, das Ihrer Marktsituation entspricht: Für Fach- und Führungskräfte sind drei bis sechs Monate mit einem Senior Coach üblich; im Executive-Bereich auch länger. Achten Sie darauf, dass keine „Erfolgspflicht“ eingebaut ist – die Vermittlung hängt vom Markt ab.

Problematisch sind auch Leistungsklauseln, die das Coaching faktisch zur Kontrolle machen, etwa verpflichtende Zwischenberichte an HR. Solche Klauseln sollten entfallen oder auf aggregierte, anonymisierte Statusmeldungen beschränkt werden. Schließlich sind „nur heute verfügbar“-Angebote kritisch: Zeitdruck bei Unterschrift ist ein Warnsignal, egal ob Outplacement oder Abfindung involviert sind.

Beispiele aus der Praxis, die den Unterschied machen

Beispiel 1:

Eine Teamleiterin in einem Konzern erhält die Nachricht, ihre Position falle im Rahmen einer Reorganisation weg. Man bietet ihr einen Aufhebungsvertrag zum Monatsende mit einer moderaten Abfindung und „drei Outplacement-Sessions“. Sie lehnt die Eile ab, verweist auf die gesetzliche Kündigungsfrist nach §622 BGB und verhandelt eine bezahlte Freistellung über drei Monate, während derer sie mit einem frei gewählten Anbieter arbeitet.

Der Arbeitgeber übernimmt ein Budget von 8.000 Euro; im Vertrag wird festgelegt, dass keine personenbezogenen Reports erfolgen und dass sie Bewerbungsgespräche auch während der Arbeitszeit wahrnehmen darf.

Ergebnis: Sie startet ohne Sperrzeit in den Markt, sichert ihr Einkommen bis Fristende und findet über das Netzwerk des Coaches in acht Wochen einen neuen Job.

Beispiel 2:

Ein Produktmanager wird kurzfristig ins Büro gebeten. Ihm wird ein Aufhebungsvertrag vorgelegt, inklusive „exklusivem Zugang“ zu einem vom Unternehmen beauftragten Outplacement-Partner – allerdings nur bei Unterschrift am selben Tag. Zusätzlich droht man vage mit einer verhaltensbedingten Kündigung, weil „Ziele verfehlt“ worden seien. Der Mitarbeiter bittet um Bedenkzeit, protokolliert die Drohung und lässt den Fall prüfen.

Die Drohung erweist sich als unbegründet; auf dieser Basis wird der Vertrag neu verhandelt. Das Outplacement wird entkoppelt, der Anbieter ist frei wählbar, das Beendigungsdatum liegt nun am Ende der ordentlichen Kündigungsfrist, und der Beendigungsgrund wird neutral gehalten. Damit minimiert er das Risiko einer Sperrzeit nach §159 SGB III und erhält eine spürbar höhere Abfindung. Das Outplacement hilft ihm, seine Projekterfolge belastbar aufzubereiten, was sein Marktprofil deutlich stärkt.

Beispiel 3:

Eine schwangere Mitarbeiterin erhält ein „einvernehmliches Angebot“ mit kleiner Abfindung und Outplacement, um „Planbarkeit“ zu schaffen. Sie kennt ihre besonderen Schutzrechte nach dem Mutterschutzgesetz und unterschreibt nicht sofort. Gemeinsam mit dem Betriebsrat wird eine interne Lösung gesucht; erst Monate später, als ein echter betrieblicher Grund greifbar ist, wird mit anwaltlicher Begleitung eine Trennung zu regulärem Fristende vereinbart.

Das Outplacement wird auf sechs Monate ausgedehnt, umfasst Netzwerk-Events und Gehaltsverhandlungen und wird ausdrücklich als freiwillige Zusatzleistung ohne Einfluss auf Zeugnis oder Beendigungsgrund festgehalten. Das qualifizierte Zeugnis wird parallel im Wortlaut fest vereinbart (§109 GewO).

Beispiel 4:

In einem mittelständischen Betrieb wird eine Transfergesellschaft ins Spiel gebracht. Mehrere Mitarbeitende sollen gleichzeitig wechseln, um Transferkurzarbeitergeld und Qualifizierungen zu erhalten. Hier zeigt sich, dass die Abgrenzung zwischen individueller Outplacement-Beratung und kollektiven Transfermaßnahmen wichtig ist.

Wer sich für eine Transfergesellschaft entscheidet, sollte vorab klären, welche Qualifikationen tatsächlich angeboten werden, wie lange die Maßnahme dauert und wie sie neben dem ALG-Leistungsrecht nach SGB III wirkt (Transfermaßnahmen und -kurzarbeitergeld sind in der Praxis an §§110, 111 SGB III geknüpft). Eine sorgfältige Prüfung führt dazu, dass einzelne Fachkräfte statt der Transfergesellschaft ein individuelles Outplacement mit gezielten Zertifikatskursen verhandeln – passender für ihre Profile und schneller im Markt.

Beispiel 5:

Ein leitender Angestellter mit nachvertraglichem Wettbewerbsverbot soll innerhalb von zwei Wochen gehen. Das Unternehmen bietet Outplacement, verweist jedoch darauf, dass er sechs Monate nicht zur Konkurrenz wechseln darf. Zusammen mit dem Coach analysiert er, welche Branchen und Rollen vom Wettbewerbsverbot nicht erfasst sind. Parallel wird die Karenzentschädigung gemäß §§74 ff. HGB erhöht und die Freistellung so gestaltet, dass Bewerbungstermine möglich sind. Das Outplacement konzentriert sich auf „Non-Compete“-sichere Zielunternehmen, wodurch er trotz Bindung zügig eine adäquate Alternative findet.

Woran Sie ein gutes Outplacement-Angebot erkennen

Ein gutes Angebot lässt Ihnen Wahlfreiheit, enthält einen klar definierten Leistungsrahmen, wahrt Vertraulichkeit und ist nicht an überhastete Unterschriften oder umfassende Ausgleichsklauseln gekoppelt. Es ist mit dem Beendigungsregime kompatibel: Kündigungsfristen werden eingehalten, das Beendigungsdatum ist realistisch, der Zeugnistext ist fixiert, und Outplacement startet früh – idealerweise bereits während der Freistellung.

Steuerlich werden Outplacement-Kosten in der Praxis häufig als im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers veranlasst behandelt; klären Sie im Zweifel die konkrete Gestaltung mit Steuerberatung, damit Ihnen kein geldwerter Vorteil zugerechnet wird.

Konkrete Verhandlungspunkte, die sich bewährt haben

Auch ohne Aufzählungen lassen sich Schwerpunkte setzen: Bitten Sie um ein Budget und die freie Anbieterwahl; verankern Sie Vertraulichkeit sowie die Abgrenzung zu Leistungsberichten; synchronisieren Sie Start und Dauer des Coachings mit der Freistellung; sichern Sie Zugang zu Weiterbildung und Zertifizierungen; und koppeln Sie Outplacement nicht an den Verzicht auf arbeitsrechtliche Ansprüche.

Achten Sie darauf, dass das Beendigungsdatum nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist liegt und dass der Beendigungsgrund neutral bleibt, um Sperrzeiten nach §159 SGB III zu vermeiden. Wenn der Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung droht, verlangen Sie konkrete Tatsachen – unbegründete Drohungen können eine Anfechtung nach §123 BGB stützen. Und vergessen Sie nicht: Melden Sie sich rechtzeitig arbeitssuchend (§38 SGB III), damit formale Fristen gewahrt sind.

Fazit:

Outplacement kann Karriere-Turbo oder Feigenblatt sein. Als Arbeitnehmer sollten Sie es als Verhandlungschip begreifen, nicht als Alibi-Leistung. Je unabhängiger der Berater, je klarer der Leistungsumfang und je besser die rechtliche Einbettung in Fristen, Zeugnis, Wettbewerbsverbote und Sozialversicherungsrecht, desto größer ist der Nutzen. Wer Outplacement mit kühlem Kopf verhandelt, schützt sich vor Sperrzeiten, bewahrt Ansprüche und beschleunigt seinen Neustart – auf Augenhöhe und ohne vorschnelle Unterschrift.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung. Lassen Sie Aufhebungsvertrag, Kündigung und Outplacement-Vereinbarung vor Unterzeichnung individuell durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen.
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