Was ist eine Verdachtskündigung?
Eine Verdachtskündigung ist aus Sicht des Arbeitgebers ein mögliches Mittel, um das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer rechtswirksam zu beenden. Folgende wichtige Unterscheidung liegt gegenüber der sog. Tatkündigung, d.h. einer fristlosen Kündigung oder einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung, vor: es fehlen konkrete Beweise für das vorgeworfene Fehlverhalten. Die Bezeichnung als „Verdachtskündigung“ ist naheliegend, da sie bereits impliziert, dass sich die Kündigung nur auf konkrete Verdachtsmomente stützt, für diese aber kein Beweis vorliegt.
Damit solch eine Kündigung möglich ist, muss der Arbeitgeber nach aktueller Rechtsprechung einen ganz konkreten, dringenden und erheblichen Tatverdacht gegen den Arbeitnehmer haben. Er ist dann, anhand seines unbewiesenen aber mitunter begründeten Verdachts berechtigt, eine fristlose Kündigung auszusprechen.
Anhand des folgenden Beispiels lässt sich solch eine Situation verdeutlichen: Nach der Schicht eines bestimmten Mitarbeiters in einem Café fehlt immer Geld in der Kasse. Der Arbeitgeber versetzt den Mitarbeiter testweise in eine andere Schicht und stellt ebenfalls testweise einen weiteren Mitarbeiter, der nur die Kasse betreut, zur Seite – es fehlt kein Geld nach diesen Schichten. Auch wenn der Arbeitgeber keinen Beweis hat, besteht der begründete und berechtigte Verdacht, dass der betroffene Mitarbeiter Geld entwendet – so liegt ein Fall für die Verdachtskündigung vor.
Die Formen der Verdachtskündigung
Im Regelfall wird das Arbeitsverhältnis mit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung beendet. Das schon deshalb, um den Betrieb vor weiteren negativen Beeinträchtigungen oder Schäden durch den Mitarbeiter zu schützen. Dadurch wird das Arbeitsverhältnis unverzüglich beendet. Die Option, eine ordentliche Kündigung auszusprechen und damit die Kündigungsfrist zu wahren, besteht aber ebenfalls. Dies muss dem Arbeitgeber jedoch auch zumutbar sein, woran es bei besonders schwerwiegenden Vorwürfen und einem besonders stichhaltigen Verdacht fehlt. An dem dafür notwendigen, schwerwiegenden und begründeten Verdachtsfall ändert die Art der Kündigung aber nichts. Kommt es zu einem Rechtsstreit, muss das zuständige Arbeitsgericht in diesem Fall entscheiden, ob die ausgesprochene Kündigung rechtswirksam war, d.h. ob der für die Kündigung erforderliche Verdacht nachvollziehbar und berechtigt war.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Verdachtskündigung erfüllt sein?
Eine wirksame Verdachtskündigung muss einige Voraussetzungen erfüllen. So muss der Arbeitgeber in der Lage sein, den bestehenden Verdacht durch objektive Tatsachen zu begründen – also beispielsweise ein massives Fehlverhalten am Arbeitsplatz, wie Gewalt gegen Mitarbeiter oder Kunden oder nachgewiesener Diebstahl. Die Tat liefert damit einen konkreten Bezugspunkt für einen vergleichbaren Verdacht.
Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Verdachtsfall zunächst anderweitig zu klären. Besteht also ein konkreter Verdacht, sollte der Arbeitnehmer damit konfrontiert werden und Gelegenheit haben, sich dazu zu äußern. Der Arbeitgeber muss außerdem abgewogen haben, ob eine Kündigung im Interesse des Unternehmens ist und damit gegen die Fortführung des Arbeitsverhältnisses spricht.
Eine zuvor ausgesprochene Abmahnung ist keine rechtliche Voraussetzung. Es gilt aber eine zweiwöchige Frist, die der Arbeitgeber wahren muss. Die zwei Wochen laufen ab dem Zeitpunkt, auf den sich der Verdachtsfall bezieht. Es ist also nicht maßgeblich, wann sich der Verdacht beim Arbeitgeber erhärtet hat, sondern worauf er sich bezieht. Wurde beispielsweise vor drei Wochen Geld aus der Kasse entwendet und der Arbeitgeber hegt einen Verdacht gegen einen konkreten Arbeitnehmer erst seit 1,5 Wochen, liegt der Verdachtsfall bereits zu weit in der Vergangenheit, um eine Kündigung darauf zu stützen.
Die Anhörung des Arbeitnehmers
Ohne eine vorherige Anhörung ist eine Verdachtskündigung unverhältnismäßig und wird juristisch nicht halten. Gleichermaßen müssen Arbeitgeber dem verdächtigten Arbeitnehmer ausreichend Zeit gewähren, um sich zu dem Sach- beziehungsweise Verdachtsfall zu äußern. Bei komplexen und mitunter schon ein wenig länger zurückliegenden Verstößen gilt eine Fristsetzung von 10 bis 14 Kalendertagen als angemessen. In dieser Zeit hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich zu dem vermeintlichen (verdächtigten) Verstoß zu äußern.
Eine Kündigung, die vor Ablauf der Frist ausgesprochen wird, ist automatisch unwirksam. Der Arbeitnehmer muss also immer die Möglichkeit gehabt haben, sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu dem Fall zu äußern. Es ist nicht unbedingt erforderlich, die Anhörung schriftlich zu vollziehen, in vielen Fällen aber empfehlenswert. Generell ist dennoch ebenso möglich, die Anhörung während eines Personalgesprächs durchzuführen. Dann sollte mindestens ein weiterer Mitarbeiter bei dem Gespräch anwesend sein, auf den sich der Arbeitgeber im Falle eines Rechtsstreits bezieht. Eine Protokollierung des gesamten Gesprächs ist empfehlenswert.
Es ist aus Sicht des Arbeitgebers nicht erforderlich, dem Arbeitnehmer zuvor das Thema dieser Anhörung mitzuteilen. Folglich ist erlaubt, diesen mit der „Konfrontation“ zu „überraschen“. Die Anhörung sollte innerhalb einer Frist von einer Woche ausgehend vom Verdachtsfall stattfinden, sie hemmt nicht die zweiwöchige Frist, die für das Aussprechen der Verdachtskündigung gilt.
Die Anhörung des Betriebsrates
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat detailliert die Verdachtsgründe erläutern. Die Anhörung gegenüber dem Betriebsrat erfolgt nach der des Arbeitnehmers. In getrennten Anhörungen muss sich der Betriebsrat zu allen Facetten der Kündigung äußern, sowohl bei ordentlichen als auch fristlosen Tat- und Verdachtskündigungen. Ein möglicher Widerspruch oder Bedenken des Betriebsrates ändern aber nichts an der Möglichkeit, die Verdachtskündigung auszusprechen, was bereits aufgrund der immer noch geltenden zweiwöchigen Frist unverzüglich passieren sollte.
Die Folgen einer Verdachtskündigung
Konsequenzen existieren wie auch bei anderen Kündigungen, unter anderem mit Blick auf eine mögliche Klagbarkeit im Sinne des Kündigungsschutzes, das mögliche Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Tatbestandes oder etwaigen Ansprüchen auf Arbeitslosengeld und eine Abfindung. Bei Diebstahl, Betrug und ähnlichen Vorfällen sollten Arbeitgeber unabhängig vom Kündigungsprozess strafrechtliche Ermittlungen einleiten.