Freistellung während der Kündigungsfrist: Muss sich ein Arbeitnehmer aktiv um einen Job bemühen?
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann für beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – eine herausfordernde Zeit sein. Insbesondere die sogenannte „Kündigungsfrist“, die im deutschen Arbeitsrecht geregelt ist, wirft viele Fragen auf. Eine zentrale Fragestellung betrifft die Freistellung des Arbeitnehmers während dieser Frist und die damit verbundene Pflicht, sich um einen neuen Job zu bemühen. In diesem Artikel klären wir, ob ein Arbeitnehmer während seiner dreimonatigen Kündigungsfrist aktiv nach einer neuen Anstellung suchen muss und beleuchten die einschlägige Rechtsprechung.
Was ist eine Freistellung während der Kündigungsfrist?
Eine Freistellung während der Kündigungsfrist bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von seinen Arbeitsleistungen entbindet, aber weiterhin das Gehalt zahlt. Der Arbeitnehmer darf in dieser Zeit andere Beschäftigungen aufnehmen, muss jedoch nicht mehr für seinen bisherigen Arbeitgeber arbeiten.
Müssen sich Arbeitnehmer aktiv um eine neue Beschäftigung bemühen?
Grundsätzlich: Keine Pflicht zur aktiven Jobsuche
Die kurze Antwort auf die Frage ist: Nein, Arbeitnehmer sind während der Freistellung nicht verpflichtet, sich aktiv um eine neue Anstellung zu bemühen. Dies ist jedoch nicht so einfach und lässt sich nicht pauschal beantworten – die Umstände können variieren.
Gründe für die fehlende Pflicht zur Jobsuche
- Vertragliche Regelungen: Die Kündigungsfrist ist im Erwartungsbereich beider Parteien, und im Normalfall wird davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht verpflichtet ist, aktiv nach einem neuen Job zu suchen. Es gibt keinen gesetzlichen Paragrafen, der eine solche Pflicht impliziert.
- Vermeidung von Mehrarbeit: Ein Arbeitnehmer, der nicht mehr für seinen aktuellen Arbeitgeber arbeiten muss, sollte auch nicht verpflichtet werden, in dieser Zeit zusätzliche Mühe in die Jobsuche zu investieren. Die Zeit der Freistellung dient auch dazu, sich von der bisherigen Tätigkeit zu erholen.
- Rechtliche Absicherung: Ein Arbeitnehmer, der sich während der Kündigungsfrist aktiv um eine neue Anstellung bemüht, könnte im Fall einer späteren Kündigung Schwierigkeiten haben, etwaige Ansprüche geltend zu machen. Dies hängt jedoch stark von individuellen Umständen ab.
Ausnahmefälle
Trotz der allgemeinen Regel gibt es Ausnahmen:
- Verbleibende Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber: Wenn ein Arbeitnehmer während der Freistellung auf eine Abfindung oder eine positive Arbeitszeugnis hofft, könnte es in seinem besten Interesse liegen, sich um neue Positionen zu bemühen, um seine zukünftigen Beschäftigungschancen zu erhöhen.
- Sozialversicherungsrechtliche Aspekte: Ein Arbeitnehmer ist in der Regel auch zur Mitwirkung verpflichtet, wenn er Arbeitslosengeld beantragt. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, sich aktiv um eine neue Anstellung zu bemühen, auch wenn dies nicht explizit während der Freistellung gefordert wird.
Beispiele aus der Rechtsprechung
Beispiel 1: Bundesarbeitsgericht (BAG) – 9 AZR 877/09
In einer Entscheidung stellte das BAG klar, dass Arbeitnehmer, die während der Freistellung nicht mehr für den Arbeitgeber tätig sind, keine Nachteile aus einer mangelnden Jobsuche zu erwarten haben. Die Richter betonten, dass die Freistellung eine Art Schutzmechanismus für den Arbeitnehmer darstellt, um die notwendige Zeit für die berufliche Neuorientierung zu gewinnen.
Beispiel 2: Landesarbeitsgericht (LAG) – 11 Sa 353/16
In einem anderen Fall sah das LAG die Notwendigkeit einer Prozessbeobachtung und stellte fest, dass eine Freistellung in der Regel mit dem Gedanken verbunden ist, dass der Arbeitnehmer Zeit hat, um sich auf die zukünftige Karriere vorzubereiten. Der Arbeitgeber kann also nicht erwarten, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit um einen neuen Job kämpft.
Fazit
Arbeitnehmer sind während ihrer Kündigungsfrist grundsätzlich nicht verpflichtet, aktiv nach einem neuen Job zu suchen. Die Freistellung soll es ihnen ermöglichen, sich von der aktuellen Situation zu erholen und sich auf neue berufliche Optionen zu konzentrieren, ohne unter Druck gesetzt zu werden. Es ist jedoch wichtig, die individuellen Umstände zu beachten, da in bestimmten Fällen – wie bei der Beantragung von Arbeitslosengeld – eine aktive Jobsuche sinnvoll sein kann.
Arbeitnehmer sollten sich der Regelungen in ihrem Arbeitsvertrag und der möglichen vertraglichen Absprachen bewusst sein. Im Zweifel empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen, um die eigene Situation zu klären und vor unerwarteten Folgen geschützt zu sein.