Eine Abmahnung zu erhalten stellt für Beschäftigte oft eine Herausforderung dar. Viele Mitarbeiter empfinden dies als persönlichen Angriff und betrachten sie häufig als ungerechtfertigt. Als Angestellte oder Angestellter sollten Sie eine Abmahnung nicht hinnehmen: Sie könnte der Vorläufer einer Kündigung sein und Ihre rechtliche Position bei künftigen Konflikten in Ihrem Arbeitsverhältnis beeinträchtigen.
Abmahnung erhalten: was tun?
Gleichzeitig sind viele Abmahnungen fehlerhaft oder nicht durch das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Ein auf eine Abmahnung spezialisierter Anwalt kann Ihnen helfen: Er weiß, wie Sie gegen eine Abmahnung vorgehen sollten oder ob es tatsächlich um eine wirksame schriftliche Abmahnung handelt.
Eine Abmahnung nicht akzeptieren!
Viele Arbeitnehmer akzeptieren unberechtigte Abmahnungen durch den Arbeitgeber. Dazu besteht kein Anlass: Sie erleichtern ihm dadurch eine spätere Kündigung. Daher sollten Sie eine Abmahnung anfechten lassen. Selbst wenn das Verhältnis zum Arbeitgeber zerrüttet ist, lassen fehlerhafte oder unbedachte Abmahnung sich oft als Sprungbrett für eine Trennung gegen Abfindung nutzen.
Was ist eine Abmahnung im Arbeitsrecht?
Eine Abmahnung tritt auf, wenn ein Arbeitgeber einen Angestellten auf ein vertraglich nicht konformes Verhalten hinweist und ihn auffordert, das abgemahnte Verhalten künftig zu unterlassen und seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen.
Eine Abmahnung ist gegeben, wenn:
- das beanstandete Verhalten vom Arbeitgeber detailliert erläutert wird
- der Arbeitnehmer klar aufgefordert wird, sein Verhalten zu ändern
- dem Arbeitnehmer klar ist, dass wiederholtes Fehlverhalten zu einer Kündigung führen kann
In diesem Zusammenhang unterscheidet sich eine Abmahnung erheblich von einer Ermahnung. Letztere stellt zwar ebenfalls eine Rüge dar, hat jedoch im Gegensatz zur Abmahnung keine spezifische Warnfunktion.
Das Arbeitsrecht und die Abmahnung
Im deutschen Arbeitsrecht existiert zwar keine spezifische Regelung, die ausschließlich die Abmahnung behandelt, jedoch finden sich relevante Bestimmungen und Gerichtsurteile in der Rechtsprechung sowie indirekt in § 314 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). § 314 BGB, der sich mit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund befasst, wird häufig zitiert, wenn das Verhalten eines Arbeitnehmers eine Kündigung rechtfertigen soll.
In solchen Fällen wird in der Regel eine berechtigte Abmahnung als milderes Mittel vor der Kündigung angesehen. Im Kündigungsschutzgesetz werden die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung festgelegt.
Üblicherweise ist zuvor eine Abmahnung notwendig, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Obwohl im KSchG keine explizite Regelung zur Abmahnung existiert, wird deren Anwendung in der Rechtsprechung oft als Voraussetzung vor einer Kündigung gefordert.
Was bezweckt eine Abmahnung?
Eine Abmahnung hat genau genommen drei Funktionen. Angenommen, ein Arbeitnehmer kam häufig zu spät zur Arbeit und erhält nun eine Abmahnung. Dann hat diese Maßnahme aus Sicht des Arbeitgebers folgende Zwecke:
- Sie drückt eine Rüge und Ermahnung durch die sogenannte Rügefunktion bei Pflichtverletzungen aus: Der Arbeitgeber weist den Mitarbeiter darauf hin, dass er durch den Arbeitsvertrag zum pünktlichen Arbeitsbeginn verpflichtet ist.
- Warnfunktion – sie stellt eine Warnung oder Ankündigung dar: Dadurch soll deutlich werden, dass das angemahnte Verhalten nicht weiter beziehungsweise nicht noch einmal hingenommen wird und im Wiederholungsfall stärker sanktioniert wird.
- Außerdem dient sie der Dokumentation: Die Abmahnung wird in die Personalakte aufgenommen. Der Arbeitgeber kann damit im Kündigungsschutzverfahren untermauern, dass der Mitarbeiter gewarnt war und über den Pflichtverstoß informiert wurde, falls es später zur Kündigung kommt. Ein Beweis für das behauptete Fehlverhalten ist sie allerdings nicht.
Eine Abmahnung aussprechen bedeutet die gelbe Karte für den Arbeitnehmer
Egal ob Warnfunktion oder Rüge, die Abmahnung ist gewissermaßen ein Schuss vor den Bug und sollte ernst genommen werden. Sie teilt dem Arbeitnehmer mit, dass der Arbeitgeber sein Fehlverhalten wahrnimmt, sich damit nicht abfindet und deshalb bei Wiederholung beziehungsweise Fortsetzung ernste Konsequenzen drohen.
In der Regel ist die angedrohte Konsequenz eine Kündigung, obwohl das vom konkreten Fall abhängt. Die Sanktion kann beispielsweise auch in einer Versetzung oder einer Zurückstufung bestehen.
Was sind Gründe für eine Abmahnung?
Arbeitgeber haben grundsätzlich das Recht, ihre Mitarbeiter abzumahnen, doch hierfür ist ein triftiger Grund erforderlich. Abmahnungen können nicht für jede Art von Fehlverhalten am Arbeitsplatz ausgesprochen werden, sondern lediglich, wenn der Angestellte gegen vertragliche Bestimmungen verstößt.
Ob dabei absichtliches oder unbeabsichtigtes Fehlverhalten abgemahnt werden kann, bleibt umstritten. Insbesondere wenn eine Abmahnung zur Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen wird, müssen die Gründe dafür rechtssicher sein.
Wann ist eine Abmahnung berechtigt?
- Bei Verletzungen des Arbeitsvertrags: Das Versäumnis, vertraglich festgelegte Verpflichtungen zu erfüllen oder Betriebsvereinbarungen zu ignorieren. Unentschuldigtes Fehlen: Häufiges Fehlen ohne legitimen Grund oder ohne vorherige Absprache.
- Bei wiederholter Unpünktlichkeit: Regelmäßige Verspätungen ohne verständlichen Grund.
- Bei einem Verstoß gegen die Betriebsordnung: Zum Beispiel Konsum von Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz oder die private Nutzung von Firmeneigentum.
- Bei nicht genehmigten Nebentätigkeiten: Die Annahme einer konkurrierenden Tätigkeit oder einer Nebenbeschäftigung, die dem Arbeitsvertrag widerspricht.
Zu einer Abmahnung kann außerdem bei Verletzung der sogenannten arbeitsvertraglichen Nebenpflichten kommen. Der Arbeitnehmer darf nicht vorsätzlich gegen die berechtigten Interessen seines Vertragspartners, des Arbeitgebers handeln. Er darf zum Beispiel nicht dessen Konkurrenz fördern, den Betriebsfrieden gefährden oder den Ruf des Unternehmens in der Öffentlichkeit gefährden.
Deshalb können rufschädigende Äußerungen in den sozialen Medien, die Beleidigung von Vorgesetzten, diskriminierende Bemerkungen gegen Kollegen, das Ausplaudern vertraulicher Geschäftsinformationen oder ein heimlicher Nebenjob bei einem Wettbewerber ebenfalls Grund für eine Abmahnung sein. Ist das Fehlverhalten schwerwiegend genug, reicht es auch hier für eine Kündigung.
Wann darf keine Abmahnung ausgesprochen werden?
Umgekehrt gilt: Ohne konkrete, nachweisbare Verletzung des Arbeitsvertrags kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht abmahnen.
Das gilt zum Beispiel in den folgenden drei Fällen:
- Kritik an der Geschäftsführung oder an Vorgesetzten stellt keine Pflichtverletzung dar. Solange sie respektvoll geäußert wird, sind auch harsche kritische Bemerkungen durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt.
- Eine bewusste oder nachlässige Untererfüllung der Arbeitspflicht kann abgemahnt werden. Wenn der Arbeitnehmer in der Lage, aber nicht bereit ist, seine Aufgaben zu erfüllen, verletzt er die Vereinbarungen des Arbeitsvertrags. Anders ist die Situation, wenn er mit einer Aufgabe überfordert ist oder seine Leistungsgrenze erreicht hat. In solchen Fällen liegt kein abmahnfähiger Verstoß vor. Der Arbeitgeber ist verantwortlich dafür, seine Mitarbeiter angemessen einzusetzen und sie entsprechend zu schulen.
- Offensichtlich wahrgenommene Pflichtverletzungen könnten durch besondere Gegebenheiten legitimiert werden. Eine Angestellte, die vom Arbeitgeber unzureichend vor sexuellen Übergriffen durch Kollegen geschützt wird, hat das Recht, bei vollem Gehaltsanspruch der Arbeit fernzubleiben, um weitere Vorfälle zu verhindern.
Ob eine Abmahnung berechtigt und angemessen ist, lässt sich wirklich nur im konkreten Einzelfall beurteilen.
Eine schriftliche Stellungnahme verfassen
Es steht Ihnen gemäß dem Gesetz zu, dass Ihr Arbeitgeber eine von Ihnen verfasste Gegendarstellung zu Ihrer Abmahnung in der Personalakte aufnimmt, in der Sie Ihre Sicht der Dinge schildern.
Die Frage, ob eine Stellungnahme klug ist, ist eine andere. Im öffentlichen Dienst sollten Sie in den meisten Fällen eine Widerlegung abgeben, da öffentliche Arbeitgeber in der Regel mit Abmahnungen nicht gezielt Kündigungen vorbereiten.
Eine Gegendarstellung zu verfassen ist meistens unklug
In der Geschäftswelt ist dies jedoch häufig der Fall, was bedeutet, dass man damit rechnen muss, dass die Abmahnung lediglich der erste Schritt zur Kündigung ist, den der Arbeitgeber möglicherweise bereits fest eingeplant hat.
Dann ist die Effektivität einer späteren Kündigung aufgrund des Verhaltens von der Berechtigung der vorherigen Abmahnung abhängig, und wer dem Arbeitgeber hier hilft, indem er ihn bereits vor der Kündigung auf die Fehler seiner Abmahnung aufmerksam macht, handelt unklug.
So handeln Sie richtig bei einer Abmahnung
1 – Bewahren Sie Ruhe
Bleiben Sie gelassen und vermeiden Sie Auseinandersetzungen sowie das Aussprechen von Drohungen und Beleidigungen. Dies könnte Ihrem Arbeitgeber sogar gefallen, da Sie dadurch Ihren eigenen Interessen schaden.
Und das hätte arbeitsrechtliche Konsequenzen. Bleiben Sie also ruhig und geben Sie Ihrem Arbeitgeber keine Gründe, die er im Fall einer Gerichtsverhandlung gegen Sie verwenden könnte.
2 – Nehmen Sie die Abmahnung entgegen
Falls erforderlich, können Sie Ihren Empfang auch durch Ihre Unterschrift bestätigen. Der Empfang beeinflusst jedoch nicht Ihre rechtliche Position.
3 – Prüfen Sie, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind
Wenn der Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen hat, zum Beispiel wegen unentschuldigten Fehlens oder weil er angeblich seine Arbeit nicht termingerecht erledigt hat, wird oft die Überlastung mit Arbeit als Einwand vorgebracht. Ob dies gerechtfertigt ist oder nicht, hängt jedoch von vielen Details ab. Diese lassen sich jedoch ein oder zwei Jahre später meist nicht mehr klären.
Dagegen hat der Chef es leicht: Er gibt einfach eine Arbeitsanweisung per E-Mail mit einer kurzen Frist, zum Beispiel bis morgen Abend um 18:00 Uhr, und wenn die Aufgabe bis dahin nicht erledigt ist, folgt sofort die Abmahnung.
Und dies ist für jemanden von außerhalb, wie zum Beispiel einem Richter, auf den ersten Blick verständlich. In solchen Situationen wird es dem abgemahnten Arbeitnehmer empfohlen, die weiteren zu erledigenden Arbeitsaufgaben gleichzeitig zu dokumentieren, mit Kollegen über einen möglichen Personalmangel zu sprechen (Krankheit oder Urlaub eines Kollegen?) und das Ergebnis dieser Besprechungen schriftlich festzuhalten.
Eine Abmahnung anfechten lassen
Wir analysieren gemeinsam mit all unseren Klienten, die eine Abmahnung erhalten haben, welche Absichten der Arbeitgeber verfolgt. Dazu prüfen wir die Inhalte der Abmahnung genauestens und schauen, ob die Abmahnung unberechtigt ist und aus der Personalakte entfernt werden muss.
Es gibt lediglich zwei Optionen für Arbeitnehmer: Entweder den Job sichern oder eine möglichst hohe Entschädigung für die Arbeitsplatzverluste erreichen. Beide Ziele erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Klienten und setzen die Ansprüche durch.