Kann man Schulden erben? Und wie Sie es verhindern können

Bei einer Erbschaft sind nicht nur Vermögenswerte, sondern auch Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Es ist wichtig, sich frühzeitig zu informieren, bevor man eine Erbschaft annimmt, da dies andernfalls zu finanziellen Verlusten führen kann. Wenn jemand verstirbt, verschwinden die Schulden nicht einfach, sondern werden Teil des Nachlasses und können auf die Erben übergehen. Daher muss man die Frage: »Kann man Schulden erben?« eindeutig bejahen.

Eine erwartete Erbschaft kann neben Geld, Aktien oder Schmuck auch Schulden beinhalten.

Erben bedeutet nicht nur, das Eigentum des Verstorbenen zu bekommen, sondern auch dessen Verbindlichkeiten zu übernehmen. Dies erfolgt aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB: Mit dem Tod einer Person geht ihr gesamtes Vermögen als Erbschaft an einen oder mehrere Erben über. Auch die Schulden des Verstorbenen gehören zur Erbschaft.

Welche Schulden kann man erben?

Im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge erben die Nachkommen grundsätzlich sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Das bedeutet, sie übernehmen sowohl die positiven Aspekte (Vermögen) als auch die negativen (Schulden).

Im Grunde genommen gehören sämtliche Schulden zur Erbschaft, unabhängig von ihrer Herkunft. Man unterscheidet zwischen Schulden des Erblassers und solchen, die im Erbfall entstanden sind. Erblasserschulden sind jene, die der Erblasser während seines Lebens angehäuft hat und die mit der Erbschaft auf die Erben übergehen.

Beispiele für Erblasserschulden:

  • Steuerschulden
  • Darlehensverbindlichkeiten (Kredite)
  • Mietschulden
  • Ansprüche des Vermieters auf Entschädigung (z.B. fehlende Schönheitsreparaturen)

Erbfallschulden sind Verbindlichkeiten, die infolge des Erbfalls entstehen. Sie existieren nicht zu Lebzeiten des Erblassers, sondern treten erst nach seinem Tod auf und gehen dann auf den Erben über.

Beispiele für Erbfallschulden:

  • Kosten für die Bestattung
  • Zugewinnausgleich für den überlebenden Ehegatten
  • Pflichtteilsansprüche
  • Vermächtnisse
  • Erbschaftssteuer

Wenn die Ehepartner ihren Nachlass durch ein Testament, wie etwa ein »Berliner Testament«, festgelegt haben, erbt häufig der überlebende Partner allein. Dadurch könnte er auch für mögliche Schulden verantwortlich sein. Fehlt ein Testament, bilden der Ehegatte und die Kinder meist eine Erbengemeinschaft, was bedeutet, dass sie gemeinsam für die Schulden haften.

Wie können Erben sicherstellen, dass sie nicht für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen haften? Der Gesetzgeber bietet den Erben unterschiedliche Optionen an.

Option 1: Das Erbe annehmen und die Schulden erben

Die erste Möglichkeit besteht darin, das Erbe anzunehmen. In diesem Fall haften die Erben mit ihrem gesamten persönlichen Vermögen für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Bei mehreren Erben entsteht eine Erbengemeinschaft, die gemeinsam für die Schulden verantwortlich ist.

Option 2: Das Erbe komplett ausschlagen

Die alternative Möglichkeit besteht darin, die Erbschaft abzulehnen, falls der Verstorbene hoch verschuldet war. Es ist jedoch nicht möglich, nur die Schulden abzulehnen. Mit der Ablehnung der Erbschaft verzichten Sie auf alles, was damit verbunden ist, einschließlich emotional wertvoller Dinge wie Fotos oder Erinnerungsstücke.

Was nicht geht: die Erbschaft unter Bedingungen annehmen, etwa nur, falls der Nachlass schuldenfrei ist. Erben können sich auch nicht bestimmte Teile der Erbschaft herauspicken – etwa den teuren Sportwagen des Verstorbenen und sein Kontoguthaben – und andere Dinge wie das mit Hypotheken belastete Grundstück ablehnen. Hat man den Sportwagen allerdings als Vorausvermächtnis erhalten, kann man dieses Vermächtnis annehmen und die Erbschaft am restlichen Nachlass trotzdem ausschlagen.

Erbe ausschlagen: Die Frist

Für das Ausschlagen gilt eine Frist von sechs Wochen ab Kenntnis der Erbschaft. Nur bei Auslandsbezug verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf sechs Monate: dafür muss entweder der Erblasser zuletzt im Ausland gewohnt oder der Erbe sich außerhalb Deutschlands aufgehalten haben.

Die Frist läuft ab dem Moment, an dem man vom Nachlassgericht über den „Anfall der Erbschaft“ informiert wird. Das geschieht allerdings nur, wenn es einen Erbvertrag oder ein Testament gibt, das den Nachlass regelt. Ohne solche letztwillige Verfügung gilt die gesetzliche Erbfolge, in diesem Fall wird man nicht benachrichtigt. Dann läuft die Ausschlagungsfrist ab dem Zeitpunkt, zu dem man vom Tod des Erblassers erfährt.

Nach Ablauf der Ausschlagungsfrist gilt die Erbschaft als angenommen. Danach ist die Ausschlagung nicht mehr möglich.

Wann ist es sinnvoll, das Erbe auszuschlagen?

Das Ablehnen der gesamten Erbschaft ist besonders ratsam, wenn der Nachlass ausschließlich aus Verbindlichkeiten besteht. Es ist wichtig, die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntwerden des Erbfalls abzulehnen, da eine Fristverlängerung nicht zulässig ist. Mit der Ausschlagung wird das Erbe an den nächsten Erben in der Reihenfolge übertragen.

Wer keine Erbe werden möchte, muss die Erbschaft ausschlagen. Dazu muss man aktiv werden: die Erbausschlagung muss persönlich erklärt werden. Dazu muss man entweder das Nachlassgericht aufsuchen, das für den letzten Wohnsitz des oder der Verstorbenen zuständig ist, oder das Nachlassgericht am eigenen Wohnort.

Alternativ kann man die Erklärung über einen Notar abgeben. Das verursacht jedoch zusätzliche Kosten. Eine E-Mail oder eine WhatsApp-Nachricht genügen zur Erbausschlagung ebenso wenig wie ein Anruf oder ein Schreiben.

Wichtig zu beachten: Eine Erbausschlagung ist nur dann möglich, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen wurde. Diese Annahme muss nicht direkt beim Nachlassgericht kommuniziert werden; sie kann sich auch aus Ihrem Verhalten nach dem Erbfall ableiten. Zum Beispiel könnte der Zugriff auf das Konto des Verstorbenen als stillschweigende Annahme gewertet werden, was eine spätere Ausschlagung der Erbschaft ausschließt.

Schulden erben verhindern: So geht es

Der erste Schritt ist die Kontaktaufnahme mit einem Fachanwalt für Erbrecht. Dieser stellt beim Nachlassgericht einen Antrag auf Nachlassverwaltung.

Der enorme Vorteil der Nachlassverwaltung für die Erben

Ein wesentlicher Vorteil der Nachlassverwaltung ist, dass die Erben nicht für Nachlassverbindlichkeiten verantwortlich sind. Ein Nachlassverwalter ermittelt die zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte und Schulden. Er verkauft etwa Immobilien und Wertgegenstände, begleicht die Verbindlichkeiten und übergibt den Erben das verbleibende Vermögen. Die Kosten des Verfahrens werden aus dem Nachlass gedeckt.

Erben haben einen Zeitraum von zwei Jahren, um einen Antrag auf Nachlassverwaltung einzureichen. Dies bietet bei komplexen Nachlässen, die mit Risiken verbunden sind, einen wichtigen Handlungsspielraum: Der Erbe kann in Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Erbrechtler das Nachlassvermögen eingehend analysieren, potenzielle Verbindlichkeiten und langfristige Risiken erkennen und anschließend entscheiden, ob eine Nachlassverwaltung sinnvoll ist.

Wenn die hinterlassenen Schulden voraussichtlich das Vermögen übersteigen, wird ein mit einem Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet. Dieses kann sowohl vom Nachlassverwalter als auch von den Gläubigern oder den Erben beantragt werden.

In diesem Szenario sind die Erben davor geschützt, dass Gläubiger sich direkt an sie wenden: Forderungen, die nach Abschluss der Nachlassinsolvenz unbeglichen bleiben, müssen sie nicht begleichen. Dies gilt besonders, wenn das Verfahren aufgrund der Unzulänglichkeit des Nachlasses gar nicht eingeleitet wird.

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